Zunächst sprang sie eher zufällig als Übersetzerin ein, wenn Roma sich im Behörden-Dickicht verirrten. Ihr Einsatz für die Neuankömmlinge aus Rumänien wurde schließlich zu einem Beruf. Sie begleitete Roma zu Ärzten, Sprachkursen, Behörden und Arbeitgebern, sie sprach an Schulen und Kitas vor, organisierte Mutter-Kind-Gruppen. Abends notierte sie ihre Eindrücke und Erlebnisse. Als Buch wecken diese kleinen Geschichten Empathie und geben den Lesern das Gefühl, sie kennten die betreuten Roma ein wenig. Es sind authentische, weil überwiegend von den Roma in eigenen Worten geschilderte Einblicke in das raue Leben dieser rumänischen Ethnie, von denen es viele nach Berlin verschlagen hat. Die kurzen Kapitel, etwa „Als ich von Deutschland hörte“, „Am Gynäkologenstuhl lehnend“, „Zehn Stunden Neukölln“, fordern die Leser heraus: mancher wird sich ertappt fühlen, weil die Anekdoten schildern, wie vorurteilsbeladen sich die „Anderen“ den Roma gegenüber verhalten. Das beherrschende Thema des Buches sind die täglichen Nöte, die unverständliche Bürokratie, die Suche nach Arbeit jenseits der Bettelei, die meistens große Unwissenheit und damit verbunden ein Ausgeliefert sein an Ausbeutung jeder Art, „wie im 19.Jahrhundert“. „Die Roma wissen, dass man eine falsche Vorstellung von ihnen hat. Eher hat man eine falsche Vorstellung als keine“. Warum sie die Geschichten aufgeschrieben hat? „Weil ich es schön finde, mit ganz normalen Menschen zu tun zu haben“.
Referentin:
Eva Ruth Wemme studierte u.a. in Bukarest und übersetzte wichtige rumänische Autoren wie Nora Iuga, Mircea Cărtărescu, Norman Manea. Als Autorin war sie Stipendiatin des Literarischen Colloquiums Berlin und der Alfred Döblin-Stiftung. Sie lebt in Berlin. Sie arbeitet als „Sprach –und Kulturmittlerin“ für Neuankömmlinge aus Rumänien.