Szeklerland – Secuime – Székelyföld
Die für 2020 geplante Reise wurde Corona-bedingt verschoben.
Aus dem Programm:
Von Cluj werden wir mit dem Bus die Rundreise antreten. Von Cluj geht es zunächst nach Târgu Mureș (Neumarkt am Mieresch / Márosvásárhely. Wir besuchen die Stadt und verschiedene Sehenswürdigkeiten und Institutionen dort. Bei der Fahrt aufwärts des Mieresch ist die nächste Station Reghin (Sächsisch Regen / Szászrégen) und einige Dörfer in der Umgebung, dem Reener Ländchen. Wir besuchen die mittelalterlichen Burgruinen und Schlösser von Gurghiu und Brâncovenești. Für die nächsten Tage widmen wir uns dann dem Kreis Harghita, dem Kreis mit dem höchsten Anteil ungarischer Bevölkerung im Lande (über 85 %). Zunächst stehen im Norden die Orte Toplița, der große Kurort Borsec (Bad Borseck), die ungarisch–armenische Stadt Gheorgheni (Niklasmarkt / Gyergyószentmiklós) und das Dorf Remeta im Programm. Dort werden wir VertreterInnen der Gemeindeverwaltung treffen. Dann folgen mit dem Lacu Roșu und der Bicaz-Schlucht zwei der Natur-Hauptsehenswürdigkeiten Rumäniens. Um die Kreishauptstadt Miercurea Ciuc (gibt es interessante Dörfer und den Wallfahrtsort Schomlenberg zu sehen. In Miercurea Ciuc (Szeklerburg / Csíkszereda) sind wir zum Gespräch in der Kreisverwaltung. Über den Ghimeș-Pass erreichen wir dann die ausgedehnten Ghimeș-Talschaften mit einer spezifischen, traditionellen Grenzlandkultur. Mehrere der herrlichen Ostkarpaten-Pässe werden wir queren und uns ansehen und ihre Bedeutung erläutert bekommen. Auch im Süden des Kreisgebietes, der Untercsik werden wir einige Dörfer u.a. mit Szekler-Kirchenburgen besuchen. Über das Kászon-Gebiet erreichen wir dann den Kreis Covasna. Auch hier besuchen wir in der Umgebung von Târgu Secuiesc (Szekler Neumarkt / Kézdivásárhely) und Sfântu Gheorghe (Sankt Georgen / Sepsiszentgyörgy) mehrere Dörfer, Kirchen, Kirchenburgen, Museen, Schlösser, Gedenkstätten und Mineralwasserquellen. Mehrere landschaftliche Höhepunkte gibt es an Pässen und Panoramapunkten. Der Sankt-Anna-See im erloschenen Vulkan und die Kurorte Bálványos und Tușnad sind weitere Highlights. Wer Lust hat, kann mit zur Ruine der mittelalterlichen Burg Bálványos hinaufsteigen. Wir werden auch die Städte Târgu Secuiesc und Sf. Gheorghe erkunden. Auf der Rückfahrt aus dem Szeklerland nach Cluj besuchen wir die siebenbürgisch-sächsischen Orte Cața (Katzendorf / Kaca) mit dem Kultur-Pfarrhof des Schriftstellers F. Schuller und Rupea (Reps / Kőhalom) mit der rekonstruierten Burg, Keisd (Saschiz /Szászkézd) mit der Kirchenburg und Sighișoara (Schässburg / Segesvár). Schließlich besuchen wir im Dorf Gogan-Varola (Gogeschburg / Gógán-Váralja) noch ein dort wohnendes DRG–Mitglied. In Cluj erwartet uns dann vor dem halben Tag zur freien Verfügung noch ein geführter Stadtrundgang. Anschließend Rückflug nach Berlin.
Vorläufige Informationen zur Reise:
- Der Preis liegt vsl. bei etwa 1.100 bis 1.200 €, für Nicht–DRG–Mitglieder 150 € höher.
- 3- oder 4-Hotels, incl. Frühstück
- Eintrittsgelder im Preis enthalten
- Dauer mit An- und Abreise: 12 Tage
- Die Reise wird wieder in bewährter Zusammenarbeit mit der Firma Ex Oriente Lux, Berlin durchgeführt.
Informationen zu genauem Datum und zur Anmeldemöglichkeit folgen.
Republik Moldau (2017)
Im Herbst 2017 konnte eine lange gepante DRG – Studienreise in das östliche Nachbarland Rumäniens, die Republik Moldau / Moldova durchgeführt werden. Dabei interessierte uns mit den 13 Mitreisenden neben der aktuellen Lage in diesem Nicht – EU – Land insbesondere die gemeinsame Geschichte dieses Landes mit Rumänien und der Großregion Moldau. Es ist ein junges Land, ein neuer sich nur allmählich stabilisierender Staat und auch eines der am wenigsten von Touristen besuchten Länder weltweit.
Der Flug Berlin – Chişinău dauerte 2 Stunden und am frühen Nachmittag des 1. Oktobers erreichten wir den Flughafen der moldauischen Hauptstadt. Nach der Ankunft und einem Imbiss starteten wir direkt zu einer größeren Stadtrundfahrt unter Leitung der Dozentin für deutsche Sprache Frau Natalia Domkovici. Dabei umrundeten wir das historische Stadtzentrum um uns zunächst die großen, in der sowjetischen Zeit entstandenen Wohnviertel mit vielen acht – bis 16 – geschossigen Wohnblocks anzusehen. Danach gab es mehrere Stopps im historischen Zentrum der im 19. Jh. als große, weitläufige, gut durchgeplante russische Kolonialstadt und städtisches Zentrum Bessarabiens massiv erweiterten vorherigen kleinen Landstadt. Neben dem Gedenkstein für das Ghetto sahen wir auch den neu aufgestellten Gründungsstein an der Stelle an der der früher sehr kleine Ort am Flüsschen Bîc einst begründet wurde.
Am Abend wurde die Reisegruppe von Dr. Josef Sallanz, derzeit DAAD – Lektor in Chişinău im folkloristisch – rustikal eingerichteten Lokal Sălcioara bei gutem, landestypischen Essen begrüßt.
Der Sonntag begann mit einer Fahrt aus Chişinău in nördlicher Richtung über Ivancea (Herrenhaus und Park) nach Orhei Vechi im Flusstal des Răut. Bevor der Weg ins Flusstal des Raut hinabführt gab es einen sehr guten Überblick über das gesamte weitläufige Gebiet mit dem canyonartigen, bis zu 100 m eingetieften Tal des Răut von einem Panoramapunkt aus. Dann folgten die Relikte der türkischen Bäder und Grundmauern einer Festung. Am Dorfrand von Butuceni begann ein Rundweg zum spektakulären Höhlenkloster mit weiter Aussicht auf das Răut – Tal und der Kirche oberhalb von Butuceni und ein Dorfrundgang in Butuceni, einem der schönsten, inzwischen schon stärker auf Touristen ausgerichteten Dörfer des Landes.
Später kam die Besichtigung der Weinkeller und Abfüllanlagen im nahegelegenen Dorf Brăneşti, die Pivniţele Brăneşti. Die Weinlagerhöhlen erstrecken sich auf 58 km Länge. Im benachbarten sehr empfehlenswerten, neuerschlossenen Höhlenkomplex – in Zukunft mit Hotel und Theater – Epoca de Piatră / Steinzeit kamen wir schließlich zur Weinprobe und Abendessen in rustikalem unterirdischen Ambiente.
Am kommenden Tag fuhren wir von Chişinău in südwestlicher Richtung nach Hînceşti, einer quirligen Kleinstadt in sehr schöner landschaftlicher Lage am südlichen Rande des Codru – Waldgebietes, am Übergang zwischen Waldsteppe und Steppe. Von 1945 bis 1995 war die Stadt nach dem dubiosen sowjetischen „Helden“ Grigori Kotovki in Kotovsk benannt.
Ziel war die jüngst nach mehrjähriger Renovierung wiedereingeweihte Schloßanlage des Manuc Bei. Diese vom sehr wohlhabenden armenischen Kaufmann Emanuel Marzayan (1769 – 1817) – auch Erbauer des Hanul lui Manuc in Bukarest – zu Beginn des 19. Jh. in Auftrag gegebene Anlage aus einen Schloß, einer nicht erhaltenen armenischen Kirche, einem älteren Herrenhaus und einen nebenliegenden malerischen Jagdschlösschen in Backsteingotik stellt den größten Komplex dieser Art im Lande dar. Die Renovierung – einschließlich der bemerkenswerten unterirdischen Verbindungsgänge – ist einigermaßen gelungen und die Anlage entwickelt sich schon zu einem touristischen Magneten. Durch das waldreiche bergige Codru – Gebiet ging es nun zum Kloster Hâncu, dem größten Kloster des Landes. Es entstand zumeist im 19. Jh. Derzeit wird eine große, weithin sichtbare Kathedrale gebaut, die innen noch fertiggstellt werden muss. Die ganze Anlage wird von den vielen Nonnen aufwändig gepflegt und zeigt sich mit vielfältigem Blumenschmuck.
Am nächsten Ziel im Dorfe Dolna gibt es ein wunderbar erhaltenes, großzügiges altes Herrenhaus der Familie Ralli. Darin ist ein Puschkin – Museum; der Dichter weilte des mehrfach hier. Das herrlich liegende große Kloster Căpriana beherbergt die einzige gotische Kirche des Landes, von Stefan dem Großen 1491 gestiftet und teils noch aus der Gründungszeit im 15. Jh. stammend.
In der Kleinstadt Călăraşi fanden wir das Gebäude der früheren Synagoge im klassizistischen Stil aus dem 19. Jh. erhalten aber jüngst umgewandelt in ein Restaurant. Unmittelbar daneben ein Verkaufsladen der Cognacfabrik Divin. Ein besonders Highlight in den Weiten der Moldau ist sicherlich das Honighaus / Casa Mierii der Familie Stegărescu in Răciula. Zum reichhaltigen Abendessen kam eine Honigverkostung und Verkauf von guten Honig- und Bienenprodukten im kleinen Laden.
Am nächsten Tag ließen wir Chişinău dann für einige Tage hinter uns. Auf der nach nur 25 km langen Autobahn M3 fuhren wird nach Süden, Richtung offene Steppe, überquerten den Cogâlnic, ein Flüsschen, der weiter südlich durch die einstigen Hauptsiedlungsgebiete der Bessarabiendeutschen führte. Dabei durchquerten wir Ecaterinovca, ein erstes ehemaliges bessarabiendeutsches Dorf mit Kolonistenhäusern. In der Kleinstadt Cimişlia sahen wir die ehemalige Synagoge, jetzt Sporthalle, von außen. Das Polizeiorchester übte zufällig neben dem Kulturhaus in dessen Hof mit großen Holzskulpturen wir einen Blick werfen konnten.
Anschließend erfolgte die Einfahrt ins autonome Gebiet Gagausien / Gagauz yeri in der südlichen Steppe. Zunächst sahen wir uns im Stadtzentrum der Hauptstadt Comrat um. Eine der Besonderheiten dieses türkischsprachigen Gebietes – mit der weithin benutzten Umgangssprache Russisch – ist es das die Gagausen orthodox sind, die einzige christliche turkstämmige Gruppe. Wir konnten Hauptkirche und Bischofssitz in Comrat besuchen.
Einen nächsten Halt legten wir in Cahul am Pruth ein. Diese größere Stadt im Süden kristallisiert sich in den letzten Jahren mehr und mehr als regionales Zentrum heraus und hat – entgegen dem Trend der anderen Städte des Landes – sogar wieder eine wachsende Einwohnerzahl, aktuell etwa 50.000 Einwohner. Damit ist sie nach der Hauptstadt und Bălţi die drittgrößte Stadt im Lande (ohne Transnistrien). Auch bei Cahul gab es im 18. Jh. in einem der russisch – türkischen Kriege eine Schlacht. Insgesamt spielte sich ohnehin ein guter Teil der insgesamt zehn russisch – türkischen Kriege zwischen dem Ende des 17. und dem Ende des 19. Jh. in der südlichen Hälfte Bessarabiens ab. Am Ende des letzten Krieges 1877 / 78 erhielt dann Rumänien seine Selbständigkeit.
Das planmäßig angelegte Stadtzentrum überrascht mit intensiver Geschäftstätigkeit und Verkehr. Wir gingen im größeren Stadtpark an der „Ewigen Flamme“ und dem Denkmal für die Kämpfe im 2. Weltkrieg hier am Pruthübergang vorbei zur bunt ausgemalten Bischofskirche „Heiliger Michael“ des Bistums Cahul und Comrat, eines von vier orthodoxen Bistümern des Landes.
Entlang des Pruth nahmen wir den Weg in südlicher Richtung. Beim Dorf Vadul lui Isac gab es eine Wanderung entlang der Relikte des hier sogenannten „Unteren Trajanswalls“, einer 130 km in West – östlich verlaufenden erdwallartigen Befestigung aus römischer Zeit, die zum Schutz der Schifffahrt auf der unteren Donau vor Reitervölkern angelegt wurde.
Kurz vor der kleinen Donauhafenstadt Giurgiuleşti erreichen wir mit einem herausragenden Panoramapunkt bei einem Helikopterlandeplatz auf hohem Ufer des Pruth unseren südlichsten Reisepunkt. Ein weites Panorama auf das sehr breite Tal des unteren Pruth, bis zur rumänischen Hafenstadt Galaţi und den bereits südlich der Donau gelegenen Măcin – Bergen in der Dobrudscha eröffnete sich.
Etwas schwierig gestaltete sich die Situation mit der Übernachtung im Hotel Altin Palace dann in Comrat. Das durchaus freundliche Personal war zwar fähig aber nicht willens rumänisch zu sprechen und so gab es etliche unnötige Verständigungsschwierigkeiten und Verzögerungen bei Abendessen und Frühstück. Der Vorsitzende der Volksversammlung Gagausiens Hr. Vladimir Cîssa und die Abgeordnete Frau Jecova empfingen uns im Parlamentsgebäude der Region sehr freundlich und erläuterten uns die Situation in der Region und waren auch offen für Fragen nach der besonderen Situation des Gebietes und der Spezifika wie zum Beispiel dem Sprachgebrauch (Gagausisch als Turksprache im Privatgebrauch und des vorherrschenden Gebrauchs des Russischen als Verkehssprache). Das Verhältnis Gagausiens zu Chişinău ist durchaus spannungsgeladen.
Anschließend begann die mehrstündige Fahrt in den Norden der Moldau. Vorbei am Stadtrand von Chişinău ging es über die Nationalstrasse 1 in westlicher Richtung, dann parallel zum Pruth, dem Grenzfluss zu Rumänien in nördlicher Richtung zu den Toltrele Prutului / Pruthfelsen bei den Dörfern Cobani und Brȋnzeni. Dabei handelt es sich um pittoreske Felsformationen, Relikte von 10 bis 20 Mio. Jahre alten Korallenriffen. Ganz eigenartig ist auch die in der Nähe liegende Landschaft der Hundert Hügel / Sută de Movile, kleinen, steilen grasbewachsenen Hügelchen nicht anthropogener Herkunft, teils bis zu 20 m Höhe in einem Areal von einigen hundert Hektar verteilt. Einen besonderen Panoramapunkt bei Sonnenuntergang gab es hoch über dem Stausee Costeşti, einziger moldauisch – rumänischer Stausee am Pruth.
Am Abend erreichten wir dann die nördliche Stadt Edineţ. Am kommenden Morgen führte uns unser Mitreisender Armin Vogel durch die Stadt, die nach massiven Kriegszerstörungen systematisch als sozialistische Stadt mit klarer funktionaler Gliederung wiederaufgebaut wurde. Ein Ergebnis der Arbeiten ist der schöne, ausgedehnte Stadtpark im Zentrum.
In Richtung Norden ging die Fahrt dann nach Ţaul zum Landschaftspark, früher mit 46 ha größter Park des Landes mit Schloß Pommer und vielen anderen imposanten Gutshofgebäuden, alles angelegt von 1900 bis 1912. Andrei Pommer war Finanzier aus Odessa und Sankt – Petersburg; Anfang des 20. Jh. fand er hier seinen idealen Rückzugsort. Der Park wird recht gut betreut, die leeren Gebäude harren noch ihrer Wiederherstellung und Nutzung.
Die Weiterfahrt brachte uns nach Otaci am Dniester, Grenzübergangsstadt in die Ukraine. Hier lebt heute, auch rings um dem Grenzübergang, die größte Roma – Gruppe des Landes. Etliche phantasievolle grosse Romahäuser bestimmen das Stadtbild. Auf der Brücke dann der Grenzübergang in die Ukraine in die Stadt Mohyiliv – Podilskyi / Moghilew. Dort trafen wir, wie verabredet, die Lehrerin Larisa Krizhanova die uns durch die Stadt führte. Zunächst fuhren wir zum hoch über der Stadt gelegenen sehr großen jüdischen Friedhof mit einer außerordentlichen Vielfalt an Grabsteinen. Beim Besuch des jüdischen Museums, verwaltet von einigen älteren Damen, wurde die Geschichte der Juden der Stadt und besonders die der brutalen Verfolgungen während des 2. Weltkrieges deutlich. Dann gingen wir durch die Stadt und frühere Ghettozone, im Krieg eines der berüchtigsten transnistrischen Ghettos mit vielen Opfern. Gegen Ende des Aufenthaltes in der Stadt besuchten wir die heutige jüdische Gemeinde in der uns überwiegend freundliche ältere Männer willkommen hiessen. Einige von ihnen sprachen Jiddisch.
Zurück ging es abends über Otaci, dann auf besonders schlechter Strasse langsam bis Soroca.
Am nächsten Tag besuchten wir in Soroca am Dniester zunächst die alte Burganlage, im Kern noch aus der Glanzzeit des moldauischen Fürstentums im 16. Jh. Diese kleine, beinahe runde Anlage mit fünf Türmen wurde in den letzten Jahren konsolidiert und stellt nun die größte, einzige Burganlage dieser Art in der Republik Moldau dar. Dementsprechend gut besucht ist sie. Die Festung in Bender steht derzeit unter transnistrischer Verwaltung. Herr Botnari, als Stellvertreter des weitbekannten Herrn Bulat erwartete uns bereits und gab eine prägnante Zusammenfasssung der Daten in Deutsch. Im Stadtmuseum erregte besonders die Replika des Schwertes vom Moldaufürsten Stefan dem Grossen unsere Aufmerksamkeit. Kunsthandwerk wie Teppichweberei und Korbflechterei sind auch im Kreis Soroca verbreitet. Dann unternahmen wir einen Erkundungsgang durch zwei Teile der hoch über der Stadt gelegenen Roma – Wohnviertel. Viele der Häuser sind hier im früheren jüdischen Wohnviertel angelegt. Etliche Häuser imponieren durch ihre Grösse, ihre architektonische Besonderheiten oder durch ihren besonderen Schmuck, einzelne vergoldete Kuppel strahlen weithin. In einige Höfe konnten wir hineinschauen, bei einer Familie wurde uns bereitwillig der ganze Hof mit den verschiedenartigsten Brunnen und besonders phantasievollen Ausschmückungen und Stukkaturen gezeigt. Im nördlichen Teil steht ein großer Palast mit einer riesigen vergoldeten Kuppel. Die häufig etwas unbelebt wirkenden Häuser erklären sich durch die Abwesenheit von sich auf weiten Geschäftsreisen befindlicher Bewohner.
Danach fuhren wir ins weitläufige Dorf Zguriţa; ein Teil des Dorfes war ab Mitte des 19. Jh. eine jüdische Agrarkolonie. 1930 lebten hier über 80 % jüdische Einwohner, denen im 2. Weltkrieg auch das Schicksal der großen Mehrheit der jüdischen Bevölkerung Bessarabiens nicht erspart blieb, die nach dem Wiederanschluß an Rumänien 1941 brutal vertrieben, an Ort und Stelle getötet oder nach Transnistrien verschleppt und zumeist ermordet wurden. Nach einigem Suchen und Nachfragen gelang es uns schließlich im nördlichen Teil des Dorfes, hinter einer aufgelassenen Kolchose den stark überwachsenen jüdischen Friedhof zu finden.
Anschließend besuchten wir im Dörfchen Măcăreuca die von 1793 stammende kleine Holzkirche. Sie befindet sich leider an der Grenze zur Baufälligkeit, ist aber immer noch ein beredtes Beispiel für die frühere Holzkirchenarchitektur auch dieser nördlichen Region. Zu Beginn des 19. Jh. gab es noch hunderte von Holzkirchen in Bessarabien; davon sind heute nurmehr etwa 83 erhalten geblieben – die meisten in schlechten Zustand. In der nebenstehenden neuen Kirche zündeten Gläubige gerade Kerzen an und zwei Dorfrauen begannen mit dem Gesang von orthodoxen Liedern. Nur ein halbes Jahr nach unserem Besuch wurde diese Holzkirche unter Denkmalschutz gestellt und soll renoviert werden.
Danach erreichten wir über Schotterpisten den Gutsanlage Mîndîc der polnischen Familie Ohanowicz, mit im Verfall begriffenen Gutshaus vom Ende des 19. Jh. im weitläufigen und immer noch schönen 16 ha großen Landschaftspark. Im hinterem Teil fanden wir sowohl die intakte Grabanlage der Gutsbesitzerfamilie sowie den grossen Gutsparkteich. Fünf Quellen liegen im Parkgebiet. In sowjetischer Zeit als Pionierlager genutzt und danach verwaist findet heute immerhin ein Musik – Sommerfestival hier statt. Seit 2014 wurden Rehabilitierungspläne für Schloß und Park entwickelt.
Am nächsten Tag ging es von Soroca südostwärts, etwa parallel zum Dniester südostwärts. Erstes Ziel war der Friedhof des überwiegend auf dem anderen Ufer des Dniester – in Transnistrien – gelegenen ehemaligen jüdischen Schtetls Rîşcov / Raschkew im Dorfe Vadul Rîşcov. Dieser in hervorragender Lage, majestätisch am hier sanft abfallenden Flussufer gelegene große jüdische Friedhof – einer der größten in der Rep. Moldau – stellt aufgrund der besonders reich verzierten Grabsteine und dann aufgrund der zumeist aus einem zusammenhängenden großen Stein gehauenen Verbindung der stehenden Grabsteine (Mazewa; Pl.: Mazewot) mit den liegenden Grabplatten bzw. Scheinsarkophagen eine ganz spezifische regionale Besonderheit dar. Diese großen behauenen Steine können bis zu 1 to. wiegen. Leider mussten wir den Friedhof genau während des einzigen Regentages der Reise besuchen. Nach Kurzbesuch der Stadt Rezina erreichten wir im Regen das Kloster Saharna, einen der größeren Klosterkomplexe im Lande in einem tiefen Seitental des Dniester. Die Klosteranlage mit den drei Kirchen macht einen recht belebten und gepflegten Eindruck. Die orhodoxen Gebeste und Gesänge verstummen hier nicht. Hinter dem Kloster wanderten wir noch in die dicht zugewachsene Schlucht hinein und der Pfad führte zu weiteren alten Mönchs – Einsiedelerhöhlen. Einige gingen noch bis zum Wasserfall weiter.
Spät erreichten wir dann unser Tagesziel, das sehr einfallsreich gestaltete Landgasthaus Hanul lui Hanganu im Dorf Lalova auch am Dniester gelegen. Familie Hanganu bewirtschaftet und baut hier nach und nach mit großer Kreativität und Energie eines der interessantesten Ziele für Dorftourismus im Lande auf. Hinter dem heutigen Kloster Ţipova führt ein kurzer Weg bis zur Abbruchkante des Steilufers des Dniester. Hier vom etwa 80 bis 100 m hohem Steilufer über dem Fluss ergibt sich eine der allerbesten Aussichten auf die Biegungen und das Steilufer des Flusses und nach Transnistrien hinein. Allmählich senkt sich der holperige Pfad Richtung Fluss. Dabei wandert man entlang der ersten Klosterzellen um dann im unteren Bereich zu den zentralen Teilen des ausgedehnten Höhlenklosterkomplexes zu kommen. Die ersten Einsiedler begann hier bereits im 13. Jh. mit den Arbeiten und ließen sich zunächst in bescheidenen Höhlen nieder, die im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut wurden. So entstanden schließlich etliche Zellenräume, größere in den Fels gehauene Wirtschaftsräume und Kapellen und eine tief in die Steilwand eingehauene Kirche. Aushängende Pläne zeigen bereits die Entwürfe für eine offenbar geplante umfassende und aufwändige Restaurierung des zentralen Teils der Höhlenanlagen mit Vorbauten.
Nach dem anschießenden Kurzbesuch der Stadt Orhei kamen wir zum Kloster Curchi, aufgebaut im 18. und 19. Jh. und ebenso wie die anderen Klosterkirchen auch neu ausgemalt. Danach gab es einen durch DRG – Mitglied Julian Gröger organisierten sehr herzlichen Empfang mit Brot und Salz durch Dorffrauen mit Gesangseinlage im Ökodorf Rȋșcova mit Führung, Vorstellung von Projekten (v.a. Umweltbildung und – erziehung) und anschießendem Abendessen.
In die abtrünnige, russlandhörige Region Transnistrien führte uns am vorletzten Tag Vladimir Andronache, ein bekannter moldauischer Reiseleiter. Auf dem Weg dorthin besuchten wir zunächst die 2004 eingerichtete Gedenkstätte Capul de pod / Brückenkopf Şerpeni zur Erinnerung an die hier begonnene Operation Iaşi – Chişinău; nach Überquerung der merkwürdigen „Grenze“ sahen wir die Stadt Bender / Tighina und die renovierte alte moldauisch – türkische, später russische Festung. Zum Essen waren wir in der sowjetnostalgisch gestalteten Kantine am Busbahnhof. Danach ging es mit dem O – Bus über den Dniester in den Hauptort Tiraspol, wo wir das Stadtzentrum besuchten. Am Abend wurden wir im sehr guten Restaurant Kumanek in Tiraspol üppig bewirtet wurden.
Den letzten Reisetag gestalteten wir in Chişinău. Zunächst gab es einen Besuch bei der deutschen Botschaft. Dort wurde uns in einem guten Referat die Situation des Landes, insbesondere der Ökonomie erläutert und es wurde auch auf die außenpolitische Lage in der Region eingegangen. Viele Probleme sind zunächst noch ungelöst, hier und da – auch im Wirtschaftsbereich – sind kleinere Fortschritte zu verzeichnen. Nach unseren Beobachtungen im Lande sind auch immer wieder kleine positive Entwicklungen wie Restaurierungen, Renovierungen, Dorfentwicklung, Infrastrukturen, touristische Punkte etc. sichtbar. Es wurde dann noch der Ende des 19. Jh. elegant gebaute frühere Wasserturm, heute Stadtmuseum mit Aussichtsterrasse besucht und ein kleiner Gang in den Mühlentalpark beendete das offizielle Programm.
Den letzten Abend in Chişinău verbrachten wir im innerstädtischen Folklorerestaurant „La Taifas“ bei moldauischem Essen, Wein und mit moldauischer Musik mit eingängigen Melodien, besonders mit Geigen und Zymbalon vorgetragen. Insgesamt wurden ca. 1.800 km zurückgelegt.
Besonderer Dank geht an den ausdauernden und geduldigen Fahrer, Herrn Gheorghe, das Berliner Reisebüro Ex Oriente Lux mit Jürgen Bruchhaus und Uli Räuchle, Wittenberg für die kundige Betreuung der Reisegruppe.
Dobrudscha (2015)
Die VIII. Studienreise der DRG Berlin fand vom 5. bis zum 15. September 2015 statt. Die südöstlichste Region Rumäniens, mit knapp 16.000 qkm etwa halb so groß wie Brandenburg, liegt an einer besonders exponierten Stelle der EU. Nahe der jetzt russischen Krim kommt ihr eine neue geostrategische Bedeutung zu, gleichzeitig ist sie wirtschaftlich schwach entwickelt und sehr ländlich geprägt mit Ausnahme von Constanţa und des touristischen südlichen Küstenabschnitts.
Die Dobrudscha, Rumänisch Dobrogea und Bulgarisch Dobrudža wird auf 370 km von der Donau umflossen, hat 250 km Küste am Schwarzen Meer und eine 150 km lange Landgrenze zu Bulgarien / Süddobrudscha. Die Bevölkerung der dünn besiedelten Region ist seit zwei Jahrzehnten stark rückläufig und liegt bei unter 0,9 Mio. Gleichzeitig hat sich die Region ethnisch gesehen seit der Übernahme durch Rumänien 1878 immer stärker rumänisiert. Aber auch heute gibt es größere Minderheiten von Muslimen, etwa 5 % der Einwohner die sich in Türken und Tataren unterteilen. Im Norden, besonders im und nahe dem Donaudelta sind die russischsprachigen Lipowaner vertreten, regionsweit kommen dann noch kleinere Gruppen wie Aromunen, Roma, Griechen, Araber, Juden u.a. hinzu.
Der Fahrer Gheorghe Neagu erwartete uns mit seinem älteren aber bequemen Bus am Flughafen Otopeni. Etwa zweieinhalb Stunden östlich von Bukarest konnten wir dann die Donau über die 1970 erbaute 1.500 m lange Donaubrücke, die letzte vor der Mündung, queren und erreichen damit die Dobrudscha. Ein erster Halt wurde in Hârşova eingelegt. Durch das nationalkommunistische Programm der „Systematisierung“ in den 1980er Jahren wurde die gesamte kleine Altstadt, bis dahin auch „varos“ – aus dem Ungarischen „Stadt“ und wegen der vielen Verbindungen und Schäfer aus Siebenbürgen so genannt – zerstört.
Wir besuchten die alte Moschee und gingen zur Donau hinunter, um den Strom in seiner ganzen Breite zu sehen. Auf hohen Ufer lag hier in herausgehobener Lage die römische, später dann byzantinische und noch später osmanische Burg Carsium – heute in Ruinen – die an dieser leicht zu querenden Donaufurt die Dobrudscha schützte. Hârşova, sehr nahe dem traditionellen Donauübergang Vadu Oi (Dt.: Schafsfurt) bildete für lange Zeit die Hauptübergangsstelle für Schafherden aus Siebenbürgen und Muntenien, die zur Winterweide im Rahmen der Transhumance in die Dobrudscha kamen. Nach Querung der Ciucurova – Hügelkette erreichten wir Tulcea. Hier waren wir im guten Hotel Esplanade untergebracht, das direkt am Donauufer und der Uferpromenade liegt.
Der Kreis Tulcea, der östlichste Kreis Rumäniens, ist von der Fläche her der drittgrößte Kreis des Landes, von der Einwohnerzahl aber einer der kleinsten mit starkem Verlust an Einwohnern seit 1990 wegen der äußerst schwachen Wirtschaftsstruktur. Mit 23 Einwohnern je Quadratkilometer ist es der am dünnsten besiedelte Kreis des Landes.
Der Sonntag gehörte der Erkundung der Stadt Tulcea mit ihrem Stadtzentrum, den vielen Kirchen, der Moschee und der Synagoge. In der nach längerer Renovierungszeit gerade frisch eröffneten Synagoge wurden wir von Herrn Faimblatt dem Präsidenten der Gemeinde begrüsst. Nachmittags führte der Weg zum Deltamuseum (Rumän.: Centrul Muzeal Eco – Turistic Delta Dunării / ICEM) mit sehenswerten Ausstellungen zum Delta und sehr guten Aquarien im Kellergeschoss.
Von dort aus ging der Weg zum Unabhängigkeitsdenkmal mit dem hohen Granitobelisken auf einem markanten Hügel am östlichen Stadtrand gelegen. Der Aufstieg lohnte sich wegen des Überblicks über die Stadt und auch des weiten Blicks in das Delta hinein. Auf dem Hügel liegt auch das gute Archäologische Museum. Tulcea hatte – wie fast alle Städte Rumäniens – in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten eine stark rückläufige Einwohnerzahl von ca. 100.000 zur Wendezeit bis auf ca. 70.000 Einwohner.
Von Murighiol nahe dem St.-Georgs-Arm fuhren wir am Montag ins Donaudelta. Herr Tavi und Crew erwarteten uns mit drei Motorbooten. Die Wetterbedingungen und Sicht waren optimal. In einer berauschenden vierstündigen Exkursion führten uns die drei Männer durch Kanäle, den breiten St.-Georgs-Arm und die Seen Uzlina und Isac. Von den über 300 Vogelarten des Deltas konnten wir einen kleinen Teil, darunter auch Pelikane, sehen. Hier und da waren Fischreusen aufgestellt. Die Weite, die besondere, üppige Vegetation und mannigfaltige Tierwelt sowie die innige Verwobenheit von Wasser und Land gaben einen herrlichen Einblick in diese ganz besondere, abgelegene und eigenartige Welt.
Das früher auch von deutschen Siedlern bewohnte Malkotsch/Malcoci besuchten wir am Nachmittag. Malcoci war die erste eigenständige Siedlung der frühen Einwanderungsphase im Norden der Dobrudscha. Ab 1840 verließen viele Bessarabiendeutsche ihre bisherigen Dörfer wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten und der Konskription in die russische Armee. Insgesamt sollten etwa 40 deutsche Siedlungen entstehen, meist als neue Ortsteile bereits bestehender Dörfer. Die eingefallene Kirche von Malcoci, deren Turm und Außenmauern noch stehen, soll in dieser „fast verfallenen“ Art konserviert werden und würde damit beredtes Zeugnis einer vergangenen Epoche ablegen – wurden die Dobrudschadeutschen doch 1940 zwangsausgesiedelt.
Am nächsten Tag stand die Umrundung des Măcin – Gebirges auf dem Programm. Bei hochsommerlichem Wetter erreichten wir Niculiţel. Leider konnten wir die Krypta die 1971 entdeckt wurde und in der Relikte vier frühchristlicher Märtyrer vom Anfang des 5. Jh. entdeckt wurden, nicht besuchen, da die ganze Anlage aktuell im Ausbau zum Besucherzentrum ist. So fuhren wir weiter zum rumänisch – orthodoxen Kloster Cocoş (Dt.: Hahn), einer Pilgerstätte, in dem sich inzwischen die verehrten Relikte aus der Krypta von Niculitel befinden.
Danach statteten wir der Kleinstadt Isaccea einen Besuch ab. Diese Stadt besitzt eine äusserst wechselvolle Geschichte, die vor allem wegen der hier sehr guten Möglichkeit die Donau zu queren zustande kam. Zumeist gehörte der Ort zum Bulgarischen, Byzantinischen und seit Beginn des 14. Jh. zum Osmanischen Reich – so wie die übrige Dobrudscha – bevor sie 1878 im Vertrag von Berlin zu Rumänien kam. Fast alle der elf russisch – türkischen Kriege bis zum 19. Jh. rollten auch über diesen Ort hinweg. Der Strom verläuft hier kompakt und auf beiden Seiten mit festem Ufer und direktem Zugang zum Hinterland. Heute ist in Strommitte die Staatsgrenze zur Ukraine und damit die EU – Aussengrenze. Im Zentrum des Ortes wieder eine Moschee. Unser kurzer Besuch am Hafenanleger Isaccea zeigte, daß hier ab und zu lediglich einige Baustoffe wie Schotter und Sand verladen werden.
Danach kamen wir zu den Ruinen der früher stark befestigeten Siedlung Dinogetia des römisch – später dann byzantinischen Limes beim Dorf Garvăn. Wir entschlossen uns noch bis zum nördlichsten Zipfel der Dobrudscha, dem Fähranleger nach Galaţi / Galatz zu fahren. So sahen wir diese Grossstadt im weiten Panorama vom südlichen, gegenüberliegendem Ufer aus.
Über die Kleinstadt Măcin mit ihrem neueren Weinanbaugebiet, kamen wir den Bergen näher. Schön kam die westliche, karg – trockende Seite der bis 467 m hohen Măcin – Berge in Sicht. In den höher gelegenen Bergebieten findet sich der neuangelegte Măcin – Nationalpark mit einer reichhaltigen Flora und Fauna. Er wird inzwischen auch von markierten Wanderwegen durchzogen.
Nächstes Ziel war Greci, ein Dorf mit im 19. Jh. angesiedelten italienischen Steinmetzen die hier Granit bearbeiteten. Es gelang es uns nach kurzer Suche Frau Borro zu finden. Sie verwaltet die Kirche und pflegt aktiv die italienische Kultur und Sprache. Nur ganz wenige der einst weithin berühmten Steinmetze dieses ausgedehnten Dorfes sind heute übriggeblieben. Liebevoll wird die katholische St. Lucia Kirche gepflegt die wir kurz besuchten. Davor rappelte ein Pferdewagen mit einer fahrbaren Dorf – Schnapsdestille vorbei.
Hinter Greci erreichten wir auf nichtasphaltierter Makadampiste, die an markanter Stelle hoch auf dem Steilufer der Donau liegenden Relikte der römischen Limesfestung Troesmis und genossen ein besonderes Donaupanorama.
Als letztes Dorf konnte an diesem Tag noch Atmadscha / Atmagea besucht werden, tief im Inneren der Dobrudscha gelegen und von bewaldeten, wenig fruchtbaren Bergen und Tälern umgeben. Dieses sich schon seit längerer Zeit stark entsiedelnde Dorf mit vielen verfallenden Hofstellen war das erste Siedlerdorf der Deutschen ab 1840. Die kleine, mehrfach umgebaute Kirche kündet noch von besseren Zeiten. Die völlig periphere Lage dieser Gegend war hier überdeutlich zu spüren. Frau Samietz erläuterte uns wesentliche Teile der Dorfgeschichte.
Über Agighiol kamen wir in das ausgedehnte Lipowaner – Dorf Sarichioi am Razim – See, einem großen Brackwassersee. Bei der buntbemalten Lipowanerkirche hatten wir das Glück, daß der freundliche Pfarrer nach kurzer Zeit kam und viele Fragen zur Kirche, Gemeinde und dem Ritus beantwortete.
Neben dem Dorf Enisala (vom Türk.: Yeni Sale Dt.: Neues Dorf) steht die gleichnamige
Burgruine. Auch Ceatatea Heracleea genannt, überragen diese bis zu tausend Jahre alten Mauern, und Basteien bizarr die weitläufige, karge Steppenlandschaft. Zunächst byzantinisch, dann walachisch und im 14. Jh. von den Genuesen weiter ausgebaut, wurde die Anlage schließlich ab 1421 über Jahrhunderte osmanisch beherrscht. Hier wird an der touristischen Erschließung mit Erfolg gearbeitet.
Danach besuchten wir die Kleinstadt Babadag (Türk.: Babadağ, Dt. etwa: Berg des Baba). Dieses Städtchen war über Jahrhunderte und bis vor wenigen Jahrzehnten ganz überwiegend türkisch geprägt. Seit dem 13. Jh. siedelten sich hier Türken an. Es war eine Wegestation auf dem Weg nach Tulcea und zur Donau. Seit langer Zeit ist sie ein muslimisches Pilgerzentrum wegen der Türbe (Muslim. Mausoleum) des Derwischs Baba Sari Saltik. Heute wird dieses Heiligtum auch von Orthodoxen verehrt und besonders die zunehmende Zahl der Roma interessiert sich für den Islam. Der Hodscha öffnete er das alte Gotteshaus (16. Jh. erbaut) und zeigte uns kunstvolle Kalligrafien der heiligen Texte. Der aus der Türkei stammende Geistliche sprach nur gebrochen Rumänisch.
Kurz vor Histria erreichten wir den Kreis Constanţa. Es ist einer der grösseren und einwohnerstarken Kreise des Landes und – in den Städten – erheblich stärker industrialisiert und auch mit stärkerer landwirtschaftlicher Produktion als der Kreis Tulcea.
Die Relikte der ab dem 8. Jh. v. Chr. besiedelten grossen griechischen Kolonie Histria, der berühmtesten und meistbesuchten archäologische Stätte der Dobrudscha, nehmen ein großes Areal ein. Seit 100 Jahren wird hier immer wieder ausgegraben und viele wertvolle Fundstücke aus der griechischen und der darauffolgenden römischen Epoche sind im nebenliegenden Museum ausgestellt.
Danach kamen wir durch das Dorf Tariverde – früher auch mit dobrudschadeutscher Bevölkerung – nach Kogealak / Cogealac. Vor der Kirche steht hier ein Gedenkstein in Erinnerung an die dobrudschadeutsche Besiedlung. Die Kirche von 1907 wurde vom bedeutendsten protestantischen Kirchenbaumeister im deutschsprachigen Raum im 20. Jh., Otto Bartning (1883 – 1959) erbaut und ist fast unverändert erhalten. Sie wird durch die orthodoxe Gemeinde des Ortes genutzt.
Abends erreichten wir Constanţa / Konstanza, Türk.: Kustendji, wo wir für fünf Nächte im zentrumsnahen Hotel Ibis unterkamen. Constanţa, die mit Abstand größte Stadt der Dobrudscha und mit ca. 300.000 Einwohnern eine der grössten Stadte Rumäniens – manchmal auch wegen des Hafens als „Rumäniens Tor zur Welt“ beschrieben – macht, je mehr man sich dem Zentrum nähert, einen durchaus desolaten Eindruck. Die Stadtverwaltung funktionierte in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten nur eingeschränkt.
Einen definitiv anderen, aktiven und gut organisierten Eindruck als die Stadt macht der Hafen. Hier empfing uns Frau Horovei, PR – Frau der Hafenverwaltung, im Gebäude der Hafenbehörde und erläuterte uns Geschichte, Gegenwart und geplante Entwicklung des weiteren großzügigen Hafenausbaus anhand von großen und übersichtlichen Plänen. Nach ihrer Meinung kann der Hafen für Ostmitteleuropa – bis hin nach Deutschland – immer besser genutzt werden und wird an Bedeutung gewinnen in der Verbindung Europas mit dem Schwarzmeerraum, dem kaspischen Raum und Zentralasien (Projekt Revitalisierung der Seidenstrasse). Eine wichtige Rolle spielt dabei der 1986 unter Ceauşescu fertiggestellte Donau – Schwarzmeer – Kanal. Wie erst nach der Reise zu erfahren war, wird die Kapazität des Hafens derzeit nur etwa zur Hälfte genutzt. Dies würde auch unserer Beobachtung entsprechen, bei mehrfacher Querung kaum Schiffe gesehen zu haben.
Nach dem Hafen besuchten wir markante Punkte der Altstadt. Das immer mehr verfallende Casino, einst glänzendes Jugendstil – Wahrzeichen der Stadt, die Hafenpromenade mit dem Genuesischen Leuchtturm und die Karl I. – Moschee, ein Geschenk des Königs an die Muslime von 1912. Von ihrem Minarett aus bot sich ein guter Überblick über Innenstadt und Hafen. Danach erwartete uns Frau Cornea im grossen, prächtigen Gebäude des Geschichts- und Archäologiemuseums am zentralen Ovid – Platz zur Vorstellung der Forschungen über Zeitgeschichte und Zwangsarbeit am Kanal mit anschließender Diskussion. Das intensive Gespräch wurde von Frau Lahni sehr engagiert übersetzt. Danach trafen wir im Deutschen Forum Frau Czernak die einen Überblick über die kleine Gemeinde und ihre kulturellen Aktivitäten sowie die Bildungsarbeit gab.
Am folgenden Tag, dem „Küstentag“,durchquerten wir zunächst fast sämtliche bekannten Badeorte an der 70 km langen rumänischen Schwarzmeer – Badeküste, dem Litoral. Große, scheinbar planlos zugebaute Areale wechseln mit Hochhaus – Hotels, hier und da großzügige gepflegte und auch schöne Ferienanlagen. Einen Halt legten wir in Costineşti ein. Ein breiter Strand lädt hier zum Baden. Ansonsten ist die Architektur und Anlage dieses auch „zugebaut“ wirkenden Ortes nicht besonders ansprechend. Mit Mangalia trafen wir dann auf eine quirlige, mittelgroße Stadt mit neuem Freizeit- unf Yachthafen und weit ins Meer ausgreifenden Molen. Die Moschee von 1575, das älteste in Funktion befindliche Gebäude der gesamten Region, eingebettet in eine parkartige Umgebung und mit dem Friedhof mit z.T. jahrhundertealten Grabdenkmälern bildet eine Oase der Ruhe und Gelassenheit in der Stadt. Vielleicht steht dies symbolhaft für das ruhige und gelassene Nebeneinander der muslimischen und christlichen Gruppen der Dobrudscha.
In Vama Veche findet sich der „alternativste“ Ferienort Rumäniens überhaupt. Der breite Strand und das flache Meer wirken schon – zumindest optisch – beinahe subtropisch. Abgesehen vom Meer und dem unmittelbaren Strandbereich selbst, übte die gesamte Bebauung des Küstenstreifens keine besondere Attraktivität aus.
Zum Auftakt des „Tages am Donau – Schwarzmeer – Kanals“ hielt Dr. Köpernik ein Referat zur Geschichte und Entstehung dieses gewaltigen Bauprojektes von 1949 – 1955 und dann von 1976 bis zur Fertigstellung 1986. Der erste Punkt den wir in Murfatlar – bis 2007 Basarabi genannt – besichtigten, war von der Brücke aus das hier beeindruckend tief – über 60 m – in die Tafellandschaft der Dobrudscha eingeschnittene Kanalbett. Zu Fuß gingen wir bis zum Eingang des – seit Jahren verriegelten und nicht besuchbaren – Höhlenkomplexes von Basarabi in dem sich mehrere sehr alte kleine Höhlenkirchen, u.a. mit alten Schriftzeichen in einem halben Dutzend Schriften, darunter auch Glagolitika befinden.
Auf einen etwas höher liegenden Plateau kamen wir zum „Kloster aller rumänischen Heiligen“ bei Nazarcea am Nordarm des Kanals. Eine Nonne mit charismatischer Ausstrahlung, empfing uns als ob sie auf uns gewartet hätte. Sie führte uns in die provisorische Kirche des im Aufbau befindlichen sehr großen Klosters. Nachdem wir ihrem Befehl des Nierdekniens nicht folgten versuchte sie uns mit Worten von ihrer Lesart der Orthodoxie als einzig richtiger Relgion zu überzeugen. Kurz darauf kam ein Trupp Arbeiter, der, wohl aus Neugier um die fremde Touristengruppe zu sehen, dann in der Kirche zunächst die obligatorische Bekreuzigungsrunde gedreht hatte und dessen Wortführer mit kräftigen Worten der Nonne ins Wort fiel. Es stellte sich heraus dass es sich um Freiwillige handelte, die aus Patriotismus und zur „moralischen Wiederaufrichtung der rumänischen Nation“ in ihrer Freizeit beim Bau des Klosters halfen. Wortgewaltig sollten wir in Kürze von der Richtigkeit ihres Anliegens überzeugt werden. Dann zeigte uns die Nonne auf der weiten Fläche noch den Grundstein für die der Hagia Sophia in Istanbul nachempfundene entstehende große Klosterkirche sowie eine weitere Ausbaggerung für einen See mit den Landkartenumrissen Rumäniens, der ihren Worten nach vom „Himmel aus zu sehen“ sein soll. Sie wies uns noch auf hier aufgestellte große Fotos von Arsenie Boca hin, ein 1989 verstorbener Mönch, der zeitweilig gar Mitglied der Legionärsbewegung war. Sein Heiligsprechnungsverfahren – natürlich nur innerhalb der rumänisch – orthodoxen Kirche – läuft und es wird viel „Werbung“ für ihn auch landesweit gemacht. Kurz nach unserer Reise, im Oktober 2015 wurde er von der rumänisch – orthodoxen Kirche bereits als “heilig“ angesehen; dies kann nur als ein peinlicher Vorgang für diese Kirche angesehen werden. Skeptisch und fuhren wir weiter. Es erschien uns merkwürdig ausgerechnet diesen extremen Strömungen innerhalb der rumänisch – orthodoxen Kirche die Deutungshoheit für dieses traurige Kapitel der Zwangsarbeit am Kanal zu überlassen.
Einen Halt gab es beim neuen Denkmal bei Poarta Albă für die – heute alle dem Erdboden gleichgemachten – neun Zwangsarbeitslager am Kanal. Diese bestanden von 1949 bis 1955. Dieses beeindruckende Monument von neun aufeinandergestapelten großen Kreuzen, jeweils mit dem Namen eines der Lager, soll das Gedenken an die mehreren Zehntausend Zwangsarbeiter und die einige tausend Todesopfer des ersten fehlgeschlagenen Kanalbau – Versuchs wachhalten.
Die Stadt Medgidia, unser nächstes Ziel, ist eine ab 1856, noch zu osmanischer Zeit planmäßig angelegte Stadt die nach dem Reformsultan Abdülmecid I. benannt wurde. Zunächst wurden hier vor allem Türken und Tataren angesiedelt und bis heute gibt es starke Gruppen muslimischer Bevölkerung. Es gibt hier auch ein türkischsprachiges Gymnasium. Wir sahen den zentralen Decebal – Platz und die nahegelegene Abdul – Mecid – Moschee. Die Stadt wurde planmäßig an der Stelle des im 19. Jh. florierenden Getreidemarktes Karasu (Dt: Schwarzes Wasser) für Kriegsflüchtlinge von der Krim aufgebaut. Als günstig erwies sich die Lage auf halbem Wege zwischen der Donau und der Küste. Daher wurden hier grosse Baumaterialfirmen angesiedelt, die beim Bau des Kanal mitwirkten. Nachfolger davon ist die Firma Lafargue – Romcim, deren Zementfabrik die größte im Lande ist.
Danach waren wir zu Gast in der größten Weinkellerei des Landes: Murfatlar. Herr Domnaru führte uns auf dem früher staatlichen und immer noch sehr großen Weingut Murfatlar im Verwaltungs- und Verarbeitungsgebäude durch die kleine, sehr gut gestaltete Ausstellung zur Geschichte des Weines in dieser Region. Anschließend gab es eine Führung durch die moderne Verarbeitungsanlage. 3.000 ha werden hier kultiviert, überwiegend Weißwein produziert. Daran schloss sich eine Weinverkostung mit köstlichen Tropfen an, die einen Einblick in die Geschmacksvielfalt der hier produzierten Weine Weiß-, Rosé- und Rotweine ermöglichte. Das Land ist der sechstgrößte Weinproduzent der EU.
Der vorletzte Tag, ein schöner Früherbstsonntag, war mit Spannung erwartet worden: der Besuch von Balcic / Baltschik an der bulgarischen Küste, der in diesem Abschnitt sogenannten Silberküste. Balcic erwies sich als ein ganz besonderes Juwel am Schwarzen Meer. Ab 1924 durch die rumänische Königin Maria (1875 – 1938; Königin von 1914 – 1927, Frau von Kg. Ferdinand, Mutter von Carol II.) entworfen und nach und nach angelegt und erweitert, entstand ein ausgedehntes Garten- und Parkareal mit üppiger Vegetation vielen Gebäuden und dem kleinen Palast der Königin mit Pseudominarett. Alles ist bestens erhalten und wird aufwändig gepflegt. Museen, Cafés und Restaurants sind jetzt in den Gebäuden untergebracht. Stundenlang durchwanderten wir die einzigartige und sehr gut besuchte herrliche Anlage.
Anschließend sahen wir das Kap Kaliakra, eine weit ins Meer vorgeschobene Halbinsel (Bulgar.: Nos, Dt.: Nase) mit bis zu 60 m abfallender Felsküste. Dadurch ergibt sich ein herausragendes Landschaftsbild. Seit dem 4 Jh. v. Chr. wurde das Kap zunächst von den Thrakern, dann von allen darauffolgenden Reichen festungsmäßig ausgebaut. Hier vor der Steilküste fand eine große Seeschlacht statt, in der die russische Flotte unter General Uschakow die osmanischen Schiffe 1791 schlug. Ein Denkmal wurde für Uschakow errichtet.
Am Montag verliessen wir Constanţa in Richtung Bukarest. In Adamclisi sahen wir das in Originalgröße von 40 m in der nationalkommunistischen Zeit wiederaufgebaute Tropaeum Traiani, Kaiser Traians Siegesdenkmal für den römischen Sieg in den Dakerkriegen (105/ 106). Ein mächtiges, weithin sichtbares Monument damals römischer Herrschaft an der Unteren Donau. Sehr viele aufwändig und mit vielen Details verzierte Originalteile – zumeist Reliefs – des reichgeschmückten Monuments sind im nahegelegenen Museum untergebracht.
In Ostrov verliessen wir mit der Donaufähre die Dobrudscha an ihrem westlichsten Punkt. Die Überfahrt verläuft schräg vorbei an der größeren bulgarischen Stadt Silistra.
Am Abreisetag hatten wir in Bukarest noch Zeit das neuere Holocaust – Denkmal an der Dâmboviţa in innerstädtischer Lage aufzusuchen. Von Otopeni verliessen wir dann Rumänien mit vielen neuen Eindrücken. Trotz einiger Verbesserungen in einzelnen Bereichen erscheint eine umfassende Stabilisierung des Landes insgesamt noch nicht in Sicht zu sein. Die Dobrudscha macht da keine Ausnahme, bleibt aber aufgrund vieler Erlebnisse und oft wunderschöner Landschaften und freundlicher Einwohner in guter Erinnerung.
Banat (2010)
Die VII. Studienreise der DRG begann am 11. September mit einem Flug von Berlin nach Budapest, wo die Gruppe von Wolfram Höfgen, Fahrer und Reiseorganisator, und Reiseleiter Christof Kaiser, erwartet wurde. Innerhalb weniger Stunden hatten wir von der Hauptstadt aus die südlichste ungarische Großstadt Szegedin/Szeged an der Theiß erreicht. Rumänien erhielt nach dem 1. Weltkrieg etwa zwei Drittel der Fläche des Banats mit der Metropole Temeswar/Timisoara. Jugoslawien wurde knapp ein Drittel der Region zugesprochen. Rumänien erreichten wir über den Grenzübergang Tschanad/Cenad, heute ein größeres Dorf, das über fünf Jahrhunderte Bistumssitz war. Dort besuchten wir die Kirche des Hl. Gerhard, der das Bistum kurz nach der 1. Jahrtausendwende gegründet hatte.
Als erste Stadt steuerten wir Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare an, die westlichste Kleinstadt Rumäniens, in der 1972 der oppositionelle Literaturkreis „Aktionsgruppe Banat“ gegründet wurde. Der in der weiten Banater Ebene gelegene Ort ist umgeben von Dutzenden großzügig angelegter Dörfer, die im 18. Jh. geplant und damals von deutschen Siedlern, Rumänen, Serben und Ungarn besiedelt. Nach einem Spaziergang zum Schloss Nakó ging es weiter nach Alexanderhausen/Sandra, dessen markante zweitürmige Kirche weithin sichtbar war. Das 1833 gegründete und von Banater Schwaben besiedelte Dorf weist eine quadratische Form mit schachbrettartigem Straßengrundriss auf, den Mittelpunkt bildet die Kirche mit dem zentralen kreisrunden Dorfplatz. Nächste Station war Billed/Biled, wo wir am Kalvarienberg hielten.
Die Reise führte weiter nach Temeswar, heute mit etwa 310.000 Einwohnern eine der größten und prosperierendsten Städte Rumäniens. Geografisch wie kulturell ist es die westlichste Großstadt der Landes. Eine wunderbare Stadtführung bekamen wir anderntags in „Klein-Wien“ an der Bega von der 85-jährigen Else von Schuster, ein „wandelndes Lexikon der Stadtgeschichte und -architektur“. Nachmittags besuchten wir Witwe und Sohn des Bildhauers Peter Jecza (1939-2009) in deren großzügigem Anwesen. Jecza war einer der bekanntesten Bildhauer Rumäniens, der mit energischem Schaffensdrang arbeitete. Die Skulpturen des Künstlers sind aus verschiedenen Metallen, besonders Bronze, Steinarten und Holz gearbeitet. Der Sohn errichtet derzeit ein privates Kunst- und Tagungshaus im Garten, das erste dieser Art in Rumänien.
Der nächste Tag begann mit dem Besuch bei der kleinen Glasfirma Oglinda. Im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, Sitz des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat und des Deutschen Kulturzentrums, empfing uns danach Dr. Karl Singer, Vorsitzender des Regionalforums, der uns die aktuelle Situation der Banater Schwaben und der Region erläuterte. Beim Rundgang durch das Haus, das auch ein Altenheim beherbergt, kamen wir mit einigen Bewohnern ins Gespräch. In der Temeswarer Josefstadt besuchten wir die reformierte ungarische Kirche, wo am 16. Dezember 1989 die Demonstrationen begannen, die letztlich zum Sturz der Ceausescu-Diktatur führen sollten. Einen Empfang für unsere Gruppe gab es schließlich beim hochbetagten orthodoxen Metropoliten des Banats, Nicolae Corneanu.
Am Tag darauf besuchten wir die kleine Gemeinde Tschakowa/ Ciacova. Obwohl nur 30 km von Temeswar entfernt ist hier die periphere Lage in vielerlei Hinsicht zu spüren. Ökonomische Aktivitäten sind sehr schwach. Wahrzeichen der Gemeinde ist der imposante 25 m hohe Wohn- und Wehrturm aus dem 14. Jh. Der Bürgermeister Herr Ing. Filip führte uns durch das Ortszentrum, das mit seinem großen rechtwinkligen Marktplatz, umgeben von zweigeschossigen Gebäuden und den strahlenförmig davon ausgehenden Straßen einen fast städtischen Charakter hat. Herr Filip lud uns zu suc si cafea (Limo und Kaffee) ein und stellte uns Daten und Fakten zur Gemeinde vor. Das Dorf war vor einhundert Jahren zu gleichen Anteilen
deutsch, ungarisch, serbisch und rumänisch besiedelt. Heute stellen neben den Rumänen die Ungarn und Roma jeweils etwa 10% der Bevölkerung.
Danach fuhren wir in östlicher Richtung durch die Gemeinde namens Liebling, das Ortsschild wurde beliebtes Fotomotiv. Über kleinere abgelegene Dörfer erreichten wir auf Schotterpisten unser Ziel Nitzkydorf/Nitchidorf, am Rande des Kreises Temesch/Timis gelegen, wo wir nach einigem Suchen das Elternhaus der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller fanden.
Weite Ebenen erstrecken sich südlich von Temeswar bis hin zur serbischen Grenze und darüber hinaus bis zur Donau. Das Gebiet ist dünn besiedelt und viele landwirtschaftliche Flächen lagen brach. Unser Weg führte aber nicht weiter Richtung Belgrad, sondern in südöstlicher Richtung auf Reschitza/Resita zu. Bei Gataia überquerten wir die Kreisgrenze zwischen Temesch und Karasch-Severin/Caras-Serverin.
Mit der Kleinstadt Bokschan/Bocsa beginnt das Banater Montangebiet. Eine erste Station machten wir in Eisenstein/ Ocna de Fier, wo wir die Mineralogische Sammlung des heute 85-jährigen Constantin Gruescu besuchten. Herr Gruescu war über Jahrzehnte Bergmeister in dieser erzreichen Gegend. Reschitza, die Kreishauptstadt, war das nächste Ziel. Sie ist mit unter 80.000 Einwohnern die größte Stadt im weiten Umkreis und eine alte Bergbau- und Hüttenstadt. Bis heute gibt es hier ein arbeitendes Stahlwerk (inzwischen in russischem Besitz) und diverse Zweige des Maschinenbaus. Wir besichtigten den Lokomotivenpark, wo mehrere Dutzend der im 19. und 20. Jh. in der Stadt gebaute Lokomotiven zu sehen sind, und trafen am nächsten Tag Werner Kremm, Redakteur der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien und langjähriger Beobachter des Banater Berglandes. In Reschitza kann man alle Probleme des Strukturwandels von der Schwerindustrie hin zu anderen Industriezweigen, die Konkurrenzschwäche der hiesigen Produkte, die Folgen des demographischen Wandels und massiver Ab- und Auswanderung beobachten. Dabei erfuhr die Stadt seit Gründung der Eisenindustrie 1771 durch das gesamte 19. Jh. und bis in die 1970er Jahre einen ungeahnten Aufstieg. 1968 wurde die Stadt Kreishauptstadt und großangelegte urbane Entwicklungen folgten. Die massive Krise setzte 1990 ein und dauert bis heute fort, obwohl sich einzelne neue Firmen, z.B. in der Milchverarbeitung, ansiedelten.
Ein Abstecher führte uns per Bus von Reschitza auf den Semenik/Semenic hinauf, den höchsten Berg im Banater Bergland. Nur die letzten Meter des 1449 m hohen Gebirgsstocks waren zu Fuß zu bewältigen. Das Panoramaü ber diesen zentralen Teil des Banater Berglandes war fantastisch. Wir streiften auf dem Rückweg das Gebirgsdorf Wolfsberg/Garâna, inzwischen bekannt durch das jährliche Jazzfest. Rast machten wir im Nachbardorf Weidenthal/Brebu Nou, das wie Wolfsberg bis vor einigen Jahren durch deutschböhmische Bergbauern besiedelt war. Heute werden beide Dörfer vor allem als Rückzugsort an den Wochenenden genutzt.
Südlich von Reschitza fuhren wir durch die Mittelgebirgslandschaft bis Anina. Dort querten wir die Bahnlinie, die schon ab 1860 von hier über Orawitza/Oravita steil hinunter, in engen Kurven, durch viele Tunnel nach Bazias an der Donau verläuft. Dies ist die berühmteste Bergbahn Rumäniens, die sogenannte Banater Semmeringbahn. Die Steinkohle von Anina wurde damit zu den Donaudampfern gebracht. Ende 2010, kurz nach unserem Besuch, wurde die Bahnlinie stillgelegt. Im Ortsteil Steierdorf besuchten wir die Räumlichkeiten des Deutschen Forums, wo eine freundliche Einwohnerin über den Ort berichtete. Orawitza, am westlichen Rande des Banater Berglandes und nur 150 m üb. NN gelegen und nächster Halt, empfängt den Besucher beinahe mit dem Charme einer mediterranen Kleinstadt, die allerdings deutlich von Spuren eines langen Verfalls geprägt ist, besonders in der historischen Innenstadt. Hier wurde ein Denkmal der Kaiserin Elisabeth vor der barocken Kirche wiederaufgestellt. Ein Highlight der beschaulichen Stadt ist das aus dem Jahr 1817 stammende kleine prachtvolle Theater– der älteste Theaterbau des Landes bezeugt den mit dem Bergbau hier entstandenen Wohlstand durch nahe der Stadt betriebene Gold-, Silber- und Kupferminen.
Die Donau erreichten wir schließlich kurz vor dem früheren Donauhafen Bazias, einst mit Temeswar per Bahn verbunden sowie langjährige Anlegestelle für Dampfschiffe, heute nur eine kleine Ansammlung von Häusern und Fischerbooten in idyllischer Lage. Ab hier erstreckt sich der Donaustausee über etwa 140 km. Ein kurzer Halt in Neumoldowa/Moldova Noua zeigte die schwierige Lage dieser Gegend. Das ehemalige Kupferanreicherungswerk liegt still, der Hafen verfällt. Der nächste Tag begann mit einem Aufstieg zur Burgruine St. Ladislaus, eine ehemals ungarische Grenzfestung gegen die Türken, die Mitte des 13. Jh. errichtet wurde. Vom Plateau mit den Relikten der Burg eröffnet sich das Panorama über den Donaustausee, die wieder aufgebaute Burg Golubac (türk.: Taubenschlag) am serbischen Ufer und den legendären, aus dem See ragenden Felsen Babakai, der früher den Schiffern die gefährlichen Stromschnellen, Strudel, Engpässe und Felsenriffe im Fluss ankündigte.
An der Donau sind viele individuelle Bemühungen um eine touristische Entwicklung zu beobachten, zumeist kleinere Pensionen. Viele Menschen in der Donauklamm arbeiten als Tagelöhner in der serbischen Landwirtschaft und auch im Schwarzhandel. Auch an den Banater Grenzübergängen – und natürlich entlang der „grünen Grenze“ – zu Serbien blüht insbesondere der Zigarettenschmuggel.
Eine Sonnenpause am See mit Blick auf die Große Kasanenge gab es beim Hotel Delfinul. Der Begriff cazan kommt vom türkischen Wort für Kessel und bezeichnete die vor der Überstauung hier auf nur 80 m Breite eingezwängten und daher brodelnden Stromschnellen der Donau. Von Dubova aus starteten wir zu einer Bootstour in die Große Kasanenge. Zunächst steuerten wir den Seeausgang der Ponyikovaer Höhle/Pestera Ponicova an. Hier ist der Stausee kaum 200 m breit, das Boot konnte in die Höhle fahren, ein besonderes Erlebnis. Danach besuchten wir die große Veteranische Höhle. Von den Ausgängen der Höhle aus konnte der Flussverkehr kontrolliert werden. Bei der Kleinen Kasanenge findet sich das in den 1990er Jahren aus dem Fels gehauene überdimensionale Gesicht des sagenumwobenen Dakerkönigs Decebal, eine neue Touristenattraktion.
Am kommenden Tag begannen wir den Stadtrundgang mit dem Ehepaar Dumitrescu vom Deutschen Forum in rschowa/Orsova bei der katholischen Kirche, einem beeindruckenden Bau der Moderne, vom Temeswarer Architekten Hans Fackelmann 1972 entworfen und in Ausnahmegenehmigung – es durften in Rumänien damals keine Kirchen gebaut werden – aufgrund der Höherverlegung der Stadt Orschowa wegen Fertigstellung des Stausees errichtet. Hinter Orschowa hielten wir an einem
vernachlässigten Monument einer steinernen Frau, bereit zum Sprung ins Wasser. Das Denkmal steht für die Fluchtopfer, darunter auch Ostdeutsche, die bei der Flucht aus Rumänien durch die Donau ihr Leben ließen.
Jenseits von Orschowa, am Eisernen Tor beginnt die Kleine Walachei/Oltenien. Die Durchfahrt durch die heuteüberstaute gewaltige Flussenge des Eisernen Tores ist ein beeindruckendes Erlebnis. Etwa auf Höhe der im See untergegangenen, noch bis dahin von Türken besiedelten Donauinsel Ada Kaleh nahmen wir den Weg zum kleinen Kloster Vodita. Dieses älteste Kloster der Walachei wurde im 14. Jh. gegründet und hat bis heute Bestand.
Direkt im Staudamm Eisernes Tor besuchten wir das größte Kraftwerk Südosteuropas. Dieses Projekt jugoslawisch-
rumänischer Zusammenarbeit funktioniert bis heute gut. Mehrere gewaltige Turbinen produzieren etwa 20% des rumänischen Stromverbrauchs. Durch die Überstauung der einstigen Stromengen Eisernes Tor und die Kasanengen wurde die Schifffahrt in diesem Stromabschnitt an der Nahtstelle zwischen Mittlerer und Unterer Donau wesentlich erleichtert.
Danach erreichten wir die quirlige Hafenstadt Drobeta-Turnu Severin (105.000 Einwohner) und damit zugleich den südöstlichsten Punkt der Reise. Wir sahen die jüngst aufgewerteten Ruinen der Severinsburg, die im 13. Jh. als ungarische Grenzburg errichtet, später aber von den Türken zerstört wurde. Im Museumspark sahen wir Relikte der römischen Brückenkopffestung am Donauufer, das Museum Eisernes Tor und das leider hässlich betonummantelte Relikt eines der Brückenpfeiler der Trajansbrücke.Diese 105 n.Chr. erbaute Donaubrücke war mit 1.200 m Länge eines der viel bewunderten Bauwerke der Römer. Von hier bis zur Mündung ins Schwarze Meer durchzieht die Donau in üppiger Breite das Tiefland und trennt Rumänien von Bulgarien.
Die Rückfahrt verlief anderntags von Drobeta-Turnu Severin durch das Cernatal in nördlicher Richtung, vorbei an aus türkischer Zeit stammenden Relikten einer Wasserleitung bei Toplet. Im Spaziergang erkundeten wir Herkulesbad/Baile Herculane im von hohen Bergen eingerahmten Cernatal. Im oberen, älteren Teil des Ortes herrscht aufgrund fehlgeschlagener Privatisierung ein trauriger Zustand fast der gesamten früher prachtvollen Bausubstanz. Unklar ist, was davon noch gerettet werden kann. Herkulesbad zählte früher zu den mondänsten Bädern der Donaumonarchie, und man ist hier stolz darauf, dass das Bad seit der Römerzeit besteht. Dann sahen wir uns in Mehadia die Ruinen der früher strategisch bedeutsamen Königsburg an. In den Türkenkriegen spielte Mehadia eine Rolle, weil diese Festung den Weg nach Temeswar versperrte. Unser Weg führte weiter über die Poarta Orientala, das „Orientalische Tor“, eine kleine Passhöhe.
Nächster Halt war in Karansebesch/Caransebes. Im Stadtzentrum steht nun neben den historischen Kirchen eine massiv das Stadtbild dominierende, erst kürzlich eingeweihte orthodoxe Kathedrale. Durch den Stadtpark gelangten wir zum Museum, das in der früheren Grenzerkaserne untergebracht ist, die hier im Rahmen der Militärgrenze im 18. Jh. errichtet wurde.
In Lugosch/Lugoj, mit etwa 45.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Kreis Temesch, besuchten wir das Stadttheater, benannt nach Traian Grozavescu (1895-1925), einem sehr talentierten Tenor. Zum Weinkauf hielten wir in dem einzigen überregional bekannten Banater Weinbaugebiet Rekasch/Recas.
Die am letzten Reisetag besuchte Innenstadt von Arad hinterließ einen weiteren nachhaltigen Eindruck. Alle Reisenden waren der Meinung, dass die Stadt von ihrer Bausubstanz doch merklich prachtvoller und die Gebäude der Innenstadt in besserem Zustand sind, als dies in Temeswar der Fall ist. Der Stadtrundgang führte vorbei am Kulturpalast zur Marosch und zum Denkmal für die Opfer des Kommunismus. Über den Bulevardul Revolutiei ging es vorbei an den großen Prachtbauten der Stadt wie dem Bürgermeisteramt, dem Stadttheater und Hotel Ardeal. In einem Häuserblock in der Altstadt „entdeckten“ wir eine große und innen prächtige Synagoge, die Ende des 19. Jh. errichtet wurde. Über das Städtchen Nadlak/Nadlac erreichten wir schließlich den Flughafen in Budapest, um am 21. September den Heimflug anzutreten.
Als Resümee der Studienreise kann festgehalten werden: Rumänien teilt sich recht deutlich in wirtschaftlich und soziale städtische Aktivräume sowie in weitläufige ländliche Passivräume auf. Die Auswirkungen der krisengeschüttelten
Volkswirtschaft waren vor allem außerhalb von Temeswar offensichtlich. Große Herausforderungen warten angesichts der fortschreitenden Landflucht und Emigration auch in demografischer und sozioökonomischer Hinsicht. Folgen sind Verödungen und Überalterungen ganzer Landstriche, wie sie uns während der Reise immer wieder begegnet sind. Der Niedergang der Landwirtschaft und ein weiterer Rückgang der Nahrungsmittelproduktion sind nur eine gravierende Folge.
Ein weiterer Rückgang im Tourismus, hohe Inflation und eine sich fortsetzende private, öffentliche und Auslandsverschuldung
ergänzen das Bild. Die meisten Reformen scheinen dabei nur halbherzig „angepackt“ zu werden. Bei der Korruption erreicht Rumänien nach Transparency International 2010 den Platz 69 und liegt damit in Europa ganz weit hinten.
In der EU dürfte Rumänien daher in nächster Zeit kaum eine Chance haben, aus der „Mitgliedschaft zweiter Klasse“
herauszutreten. Der Optimismus der Landeseinwohner bleibt aber trotzdem vorhanden, hinzu kommt die große Tatkraft nicht weniger Einzelner. Wir hatten eine sehr informative Reise durch ein landschaftlich unvergleichlich schönes Land, das auch weiterhin unser Interesse verdient.
Siebenbürgen (2007)
Die Studienreise begann mit zehn Teilnehmern am Samstag, 8. September 2007 mit dem Flug von Berlin – Schönefeld nach Budapest. Dort wurde die Reisegruppe durch den Reiseleiter, Christof Kaiser, und den Bus der ungarischen Firma Top Busz Kft. mit dem Fahrer, Herrn László Kovács erwartet. Bereits am frühen Abend erreichten wir die rumänische Grenze. Kurz darauf trafen wir in Oradea / Grosswardein / Nagyvárad ein. Dort, im katholischen Zentrum Posticum bereitete uns der Leiter, der Pfarrer Hr. Rencsik, einen freundlichen Empfang. Schnell entwickelten sich lebhafte Diskussionen zum Thema Konfessionen und interkonfessionelle – interethnische Beziehungen in Rumänien.
Nach dem Besuch des katholischen Gottesdienstes im Posticum- Kirche und der Besichtigung der überaus interessanten, weitgehend vom Jugendstil geprägten Innenstadt, der großen barocken Kathedrale, der Festungsrelikte und der verfallenden großen Synagoge, fuhren wir am 9. 9. aufwärts im Tal der Schnellen Kreisch in Richtung Siebenbürgen. Einen kürzeren Halt gab es in Huedin / Bánffyhunyad ein. Ein Besuch der ungarischen spätromanischen, reformierten Kirche mit einer beeindruckenden hölzernen bemalten Kassettendecke und reich bestickten Wandbehängen sowie die Führung durch den Pfarrer wies auf die Lebendigkeit des Gemeindelebens hin. Anschliessend besuchten wir das Haus der weitbekannten ungarischen Volkskünstlerfamilie Kudor in Huedin. Abends erreichten wir Cluj / Klausenburg / Kolozsvár, mit über 300.000 Einwohnern die größte Stadt Siebenbürgens und die größte Stadt, die wir auf der Reise besuchten. Im großen Betlen – Kata – Gästehaus der reformierten Kirche, unserem Heim für die kommenden Tage, wurden wir freundlich empfangen.
Den 10. sowie 12. und 13. 9. verbrachten wir ganztägig in Klausenburg. Dabei gab es einen Besuch der reformierten Kirche in der Wolfsgasse (15. Jh.) mit sehr vielen kunst- und kulturgeschichtlichen Details. Des weiteren besuchten wir die Hauptkirche der Stadt, die gotische St. Michaelskirche (ab dem 14. Jh. erbaut) auf dem zentralen Platz in der Altstadt, dem Piata Unirii / Einheitsplatz gelegen. Prof. András Biró führte uns durch das Universitätsklinikum III in der Innenstadt, wo wir einen Eindruck eines sich langsam modernisierenden und intensiv genutzten Krankenhauses erhielten und anschliessend im Gespräch mit Ärzten und Pflegern vieles erfahren konnten. Des weiteren stand ein Besuch der deutsch – rumänischen Stadtplanungs – Firma Planwerk auf unserem Programm. In den Büroräumen führte uns Hr. Benjamin Kohl die Arbeiten der Firma bei der Gestaltung der Innenstadt von Klausenburg vor. Hr. Dr. Radu Ardevan, Archäologe an der Universität, bot uns eine exzellente Stadtführung, wobei wir viele Details der Stadtgeschichte in einem kohärenten Zusammenhang dargestellt bekamen. Vom Burgberg aus hatten wir einen weiten Blick auf die Stadt, deren Stadtteile und auch einzelne Gebäude uns Hr. Ardevan von hier gut erklären konnte. Abends begleitete uns Dr. Peter László – Herbert in ein gut besuchtes Orgelkonzert von Erich Türk in der St. Michaelskirche. Frau Gerda Türk organisierte anderntags für uns ein Konzert mit mehreren ihrer besten Schüler in der Klausenburger Musikschule im früheren Refektorium der erhaltenen gotischen Klosteranlage.
Am 11. 9. besuchten zunächst das Bánffy – Schloss in Rascruci aus dem 18. Jh. Im Gebäude befand sich bis vor kurzem noch ein Kinderferienheim, wodurch das Gebäude leidlich erhalten werden konnte. Ehemalige Angestellte waren nun damit beschäftigt, das letzte Mobiliar des Heimes herauszutragen. Danach würde das Schloss mit seinen imposanten Holzvertäfelungen und Verzierungen im Inneren wohl der vollständigen Vandalisierung anheim fallen, wie uns versichert wurde. Dies dürfte damit ein weiterer der zahlreichen Fälle im Lande sein, wo eigentlich bedeutendes kulturelles Erbe, was die nationalkommunistische Zeit noch überstanden hatte erst in der Zeit seit 1990 der restlosen Plünderung und Vandalisierung zum Opfer fällt.
Den zweiten Stop machten wir am Schloss Bontida / Bruck / Bonchida, dem sogenannten „siebenbürgischen Versailles“. Diese einstmals sehr prächtige Schlossanlage wurde seit dem 16. Jh. nach und nach von der Adelsfamilie Banffy aufgebaut und immer wieder umgebaut. Nach weitgehenden Zerstörungen im 2. Weltkrieg und dann bis Ende der 1990er Jahre, wird diese große Anlage heute als ungarisch – rumänisches Gemeinschaftsprojekt wieder aufgebaut. Danach machten wir Erkundungen zu Fuß in dem, in der im 18. Jh. von aus der Moldau geflüchteten Armeniern als Barockstadt angelegten Gherla / Neuschloss / Szamosújvár. Dabei besuchten wir die erste Kirche, die 1723 erbaute armen.- kath. Salomon – Kirche. Danach erhielten wir eine kurze Führung durch das Stadtmuseum und anschliessend schauten wir den Hauptplatz mit der ab 1748 im Barockstil erbauten großen Dreifaltigkeits – Kirche an. Entlang einer neueren orthodoxen Kirche gingen wir dann noch bis zum großen alten Stadtpark. Ein Kurzbesuch zeigte uns das in nationalkommunistischer Zeit berüchtigte Gefängnis im alten Martinuzzi – Schloss leider nur von außen. Da es weiterhin als Gefängnis genutzt wird, konnte unsere Reiseteilnehmerin Frau Theil, deren Vater dort inhaftiert war, keinen Besuch drinnen bzw. weitere Recherchen dort machen. Bei der Ausfahrt aus Gherla hielten wir kurz bei der Synagoge, die auf die auch hier zahlreiche jüdische Gemeinde des 19. und frühen 20. Jh. hinweist. Anschließend verließen wir das Tal des Kleinen Somesch um unseren kurzen Abstecher in die CâmpiaTransilvaniei, die sehr weitläufige, hügelig – baumarme Siebenbürgische Heide zu machen. Nach wenigen Kilometern erreichten wir das Dorf Nicula und dann das hoch über dem Dorf gelegene gleichnamige Kloster. Diese im 16. Jh. als orthodoxes Kloster gegründete Anlage wurde im 18. Jh. griechisch – katholisch und zu einer wichtigen Pilgerstätte. Hier entstand im 18. Jh. auch die erste und bedeutendste rumänische Klosterschule für Hinterglasmalerei. 1948 wurde dieses Kloster zwangsweise orthodox. Es wurde auch nach 1990 der griechisch – katholischen Gemeinde nicht zurückgegeben. Danach fuhren wir in ein typisch ungarisches Dorf der Siebenbürgischen Heide, den im Mittelalter sehr wichtigen Salzbergbauort und Komitatssitz Sic /Szék um uns im Restaurant Sóvirag / Salzblume eine eigens bestellte lokale magyarische Volkstanzgruppe anzusehen. Im Ortszentrum der ausgedehnten Siedlung besichtigten wir die aus dem 13. Jh. stammende reformierte Kirche. Anschließend fuhren wir entlang eines großen Naturschutzgebietes mit einem ausgedehnten Moor durch die besondere, karge Landschaft der Siebenbürgischen Heide zurück nach Cluj.
Die Fahrt von Cluj nach Sibiu am führte uns am 14. 9. durch Turda / Thorenburg / Torda. Hier besichtigten wir zunächst die reformierte Kirchenburg (entstand im 16. Jh.), dann das Stadtzentrum mit der katholischen Pfarrkirche wo 1557 die Grundlage der religiösen Toleranz beschlossen wurde. Der Besuch des sehr quirligen Marktes und des in Renovierung befindlichen Adelspalais, wiederholt Sitz der siebenbürgischen Fürsten, rundeten den Besuch Turdas ab. Auf der Weiterfahrt erfolgte ein kurzer Abstecher zur Romasiedlung am Rande von Unirea, wo wir die viele kleinen Häuschen sahen und die prekären Lebensbedingungen hier erahnen konnten. Beim nächsten Halt in Aiud / Strassburg am Mieresch / Nagyenyed besichtigten wir die mächtige Kirchenburg (15. Jh.) mit den zwei Kirchen der Sachsen (lutherisch) und der Ungarn (reformiert). Darauf machten wir einen Besuch im 1662 gegründeten reformierten Gabriel – Bethlen – Kollegium, mit wertvoller Dokumentarbibliothek. Frau Stanescu, eine gut informierte Stadtbewohnerin, sorgte mit ihren Erzählungen schliesslich für eine kurzweilige Kaffeepause. Das Programm setzte sich mit einem mehrstündigen Besuch von Alba Iulia / Karlsburg (früher Weissenburg) / Gyulafehérvár fort. Dabei stand der Besuch der alten Festung mit den Festungsanlagen, der Dom, erbaut ab dem 11. Jh., und Inbegriff romanischer Baukunst in Siebenbürgen, sowie der Besuch der orthodoxen Vereinigungskirche, erbaut 1922 zur Krönung der rumänischen Könige, im Mittelpunkt. Abends erreichten wir unser Ziel Ocna Sibiului / Salzburg, nahe Sibiu / Hermannstadt, wo wir für die letzten Reisetage unser Quartier in der renovierten alten Villa „Mary Luisa“ nahmen.
In Sibiu / Hermannstadt / Nagyszeben, genau in diesem Jahr zusammen mit Luxemburg Kulturhauptstadt Europas, erkundeten wir weite Teile der Altstadt zu Fuß. Der Große und der Kleine Ring, die zentralen Plätze und die Fußgängerzone der Heltauer Gasse / Str. N. Balcescu zeigten sich großenteils frisch renoviert. Ein langer Besuch führte uns zu Herrn Dr. Wolfram Theilemann, dem Leiter des Friedrich – Teutsch – Hauses. Dieser erläuterte eingehend die Tätigkeit des Zentrums mit dem Kirchenarchiv und zeigte das didaktisch gut aufgebaute kleine Museum und die jüngst wiedereröffneten, schön renovierte Johanniskirche, die teils mit Gegenständen (Flügelaltar, Taufbecken) aus aufgelassenen sächsischen Dorfkirchen ausgestattet ist. Im hauseigenen Büchercafé Erasmus gibt es eine größere Auswahl an Siebenbürgen – Büchern.
Am Sonntag, dem 16. 9. fuhren wir zunächst in das Dorf Sibiel, unterhalb des Cândrel – Gebirges und Teil des traditionell wohlhabenden Schaftzuchtgebietes der Marginimea Sibiului. Wir besuchten das 1968 gegründete Ikonenmuseum mit über 700 Hinterglasikonen aus dem 18. und 19. Jh. sowie die nebenliegende kleine Dorfkirche. Auf dem Rückweg nach Sibiu hielten wir in Cristian / Grossau und umrundeten zu Fuß die sehr wehrhafte Kirchenburg (15. / 16. Jh.) mit hohen Mauern im Dorfzentrum.
Frau Anneliese Tuth führte uns nachmittags mehrere Stunden durch die Altstadt von Hermannstadt. Dabei wurden viele einzelne Gebäude und ihre Geschichte detailliert und sehr lebendig und liebenswürdig vorgestellt. So bekamen wir u.a. wenig besuchte mittelalterliche Wohntürme zu Gesicht, besuchten einige Innenhöfe und erfuhren Details zur Stadtbefestigung. Zum Ausklang des Nachmittags mit Frau Tuth besuchten wir das rustikal im rumänischen ländlichen Stil eingerichtete gute Restaurant Sibiul Veche.
Am 17. 9. starteten wir morgens zu einer kleinen Rundreise durch das Harbachtal und nach Schässburg. Zunächst galt es aber noch, im Vorort Neppendorf die großen Paläste des Roma – Königs Cioaba zu finden. In Hermannstadt gesellte sich der Redakteur Horst Staedel aus Köln zu unserer Reisegruppe hinzu. Erster Punkt war Rosia / Rothberg, wo wir den Pfarrer und inzwischen sehr bekannten Schriftsteller Herrn Eginald Schlattner auf seinem Pfarrhof besuchten. Ein interessantes Gespräch über seine Werke begann und führte hin zu seiner Tätigkeit als Gefängnissseelsorger. Dieses Thema wurde von Herrn Schlattner mit vielerlei Einsichten in den rumänischen Alltag dargestellt. Über diesen Besuch und die Werke Eginald Schlattners veröffentlichte unser Reiseteilnehmer Hr. Dr. Pertsch zwischenzeitlich eigens eine informative Broschüre. Nach dem Besuch in der Rothberger Kirche (erbaut ab 1225) ging es dann ins Harbachtal / Valea Hârtibaciului. Dieses gesamte weitläufige Tal war bis vor zwei, drei Jahrzehnten noch überwiegend von Siebenbürger Sachsen bewohnt. In Agnita / Agnetheln, dem kleinstädtischen Zentrum des Harbachtals, besichtigten wir die große, in weiten Teilen gut erhaltene Kirchenburg mit der teils romanischen, teils gotischen Kirche. Anschliessend erreichten wir die Kirchenburg in Apold / Trappold. Der Tischler S. Bethge aus Berlin setzt seit 2003 diese Kirchenburg Stück für Stück wieder instand. Das Projekt wurde im September 2006 der DRG – Berlin bei einem Jour Fixe vorgestellt. Das malerisch gelegene Dorf wird inzwischen angeblich zu 80 % von Roma bewohnt.
Sighisoara / Schässburg / Segesvár wurde zu einem der touristischen Höhepunkte der Reise. Ein langer Rundgang führte uns zu den Hauptattraktionen dieser komplett unter Denkmalschutz, seit 1999 auch UNESCO – Schutz, stehenden mittelalterlichen Altstadt. Es ging bis hinauf zur Bergkirche. Dabei wirkte die Stadt, aufgrund der unzähligen „Bauprojekte“ und der rasch zerfallenden Wehranlagen so verstaubt und grau wie selten in den letzten Jahrzehnten. Dennoch hinterließ die Stadt mit ihren mächtigen Mauern und Türmen besonders dem gewaltigen Stundturm einen bleibenden, immer wieder einzigartigen Eindruck.
Am 18. 9. fand ganztägig in Räumen der Lucian – Blage – Universität Sibiu die von der DRG – Berlin gemeinsam mit dem dortigen Institut für Ökumenische Forschung und der Konrad Adenauer Stiftung Bukarest organisierte Tagung zum Thema „Religion und Gesellschaft in Rumänien“ statt. Diese war von Frau Jähnig und Frau Prof. De Neve wesentlich vorbereitet worden. Darüber wird an anderer Stelle von der DRG berichtet. Alle Reiseteilnehmer und viele weitere Personen besuchten die Tagung und es gab dort interessante Vorträge und Diskussionen.
Am 19. 9. begann die Rückreise aus Rumänien. Dabei besuchten wir noch die Kleinstadt Sebes / Mühlbach mit der sehr beeindruckenden lutherischen Stadtpfarrkirche, das wichtigste gotische Bauwerk Siebenbürgens, ausgestattet mit reicher Steinplastik. Ein weiterer Halt fand in der Kreisstadt Deva / Diemrich / Déva statt. Im Stadtzentrum, unterhalb der imposanten hochgelegenen alten Burganlage (erbaut ab dem 13. Jh.) machten wir eine Pause. Der nächste Halt fand am Kloster Maria Radna bei Lipova statt. Diese als Franziskanerkloster (ab dem 17. Jh.) erbaute Stätte mit großer barocker Kirche (ab 1756 erbaut) ist der bedeutendste Wallfahrtsort des Banats für die hier – auch nach weitgegenden Wegzug der Schwaben – vielen Katholiken und griechischen Katholiken der Gegend. Kurz danach trafen wir in Arad ein, wo wir einen Rundgang durch das gut instandgehaltene, sehr lebendige Zentrum machten. Im Hotel Continental im Zentrum von Arad fand ein festliches Abschiedsessen statt, danach ging es Richtung Ungarn weiter. Im stundenlangen Verkehrschaos am berüchtigten Grenzübergang Nadlac wurde abschliessend unser Bus noch beinahe „zerquetscht“. Die letzte Übernachtung fand im südungarischen Kecskemét statt, von wo aus wir am 20. 9. frühmorgens schnell Budapest erreichten, um den Flug nach Berlin zu nehmen. Als Fazit bleibt, dass mit sehr vielen guten Begegnungen die Kenntnisse über Land und Leute deutlich vertieft werden konnten. Immer wieder stellten sich aber gemischte Gefühle bezüglich der „Landesentwicklung“ ein, die auch im Jahre Eins der EU – Mitgliedschaft noch alles andere als konsolidiert erscheint.
Maramuresch – Moldauklöster – Moldauregion (2005)
„Erkundungen im Norden und Nordosten Rumäniens“ bildeten das Programm der V. Studienreise der DRG Berlin, die vom 20.08.2005 (Samstag) bis zum 3.9.2005 (Samstag) stattfand . Am frühen Morgen begann die Reise in Berlin – Tegel und nach 90 – minütigem Flug trafen die 10 Teilnehmer aus Berlin dann in Budapest auf Christof Kaiser (Reiseleitung) sowie Wolfram Höfgen, Dresden (technische Organisation), und den Fahrer Hr. Ilie mit dem „nicht mehr ganz neuen Bus“ aus Sibiu. Mit dem Beginn der Reise im Osten Ungarns sollten einzelne der vielschichtigen grenzüberschreitenden Interferenzen zum Nordosten Rumäniens aufgezeigt werden.
Von Budapest ging die Reise Richtung Osten, durch den Nationalpark Hortobagy – Puszta, wo wir wegen Überfüllung leider nicht anhalten konnten. Am Nachmittag schauten wir uns das Zentrum der Großstadt Debrecen (207.000 Einwohner, Ew. / 2002) an, warfen einen Blick ins prächtige Hotel Aranybika und besichtigten die reformierte klassizistische Großkirche (Naygtemplom). Aufgrund des ungarischen Nationalfeiertages (St. Stephanstag) war die Stadt sehr stark besucht. Abends erreichten wir Nyiregyháza (117.000 Ew. / 2002), die östlichste Großstadt Ungarns. Etwas sahen wir noch vom Feuerwerk anlässlich des Nationalfeiertages. Am kommenden Morgen sahen wir uns das Stadtzentrum mit aufwendig sanierten Verwaltungs- und Prachtbauten, Kirchen, großen Plätzen, Fußgängerzone und historischen Denkmälern an. Die Komitatsverwaltung und das Rathaus sind in besonders prächtigen Gebäuden untergebracht. In Nagykállo hielten wir beim großen ehemaligen Komitatshaus sowie der reformierten Kirche, die an der Stelle einer ehemaligen Burg steht. Der bedeutendste Marienwallfahrtsort ist Máriapócs, der auch viele katholische und unierte Gläubige aus Rumänien und der Ukraine anzieht und traditionell auch ein wichtiger Wallfahrtsort der Roma ist. Wir besuchten Kirche und Kloster dort. Máriapócs ist eines der Hauptzentren der etwa 270.000 (in 2001) griechisch – katholischen (mit Rom unierten) Gläubigen Ungarns; in Rumänien gibt es etwa 230.000 griechische Katholiken. In Nyirbátor besichtigten wir ein herausragendes Monument spätgotischer Baukunst Ungarns: die überraschend große St. Georgskirche (erbaut 1484 – 88). Darin befindet sich auch das Grab und die Grabplatte mit der Abbildung des Stifters der Kirche, dem damaligen Woiwoden Siebenbürgens, István Báthori I. (Woiwode 1479 – 93). Neben der Kirche steht der große hölzerne Glockenturm.
Die freudig erwartete Einreise nach Rumänien fand am Grenzübergang Vállaj – Urziceni statt. Wir durchfuhren mit Urziceni ein seit Jahrzehnten zumindest optisch wenig verändertes Schwabendorf. Die „Donauschwaben“ siedelten im 18. Jh. bis hier hinauf, in den Nordosten der heutigen Ungarn bzw. in den äußersten Nordwesten Rumäniens, also weit von der Donau entfernt. Carei / Großkarol (Ew.: 25.000 / 2002) war die erste Stadt in Rumänien, die wir auf dieser Reise besuchten. Nur in wenigen Straßen im Zentrum hat man den Eindruck von intensiverem „städtischen Leben“. Danach spazierten wir durch den großen und angesichts der Wärme des Tages erfrischenden Schlosspark im Stadtzentrum. Im Park bewunderten wir eine riesenhafte Platane, zu Recht als Naturdenkmal erklärt. Einen bedauerlichen Anblick bietet das Schloss. Es entstand an der Stelle älterer Befestigungen Ende des 19. Jh. im neogotischen Stil. Beim akutellen Zustand bezweifelt man, ob die vereinzelten Sanierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte überhaupt etwas gebracht haben oder mehr dem weiteren Verfall Vorschub leisteten. Nach dem Schloss ist die Synagoge das beeindruckendste Gebäude der Stadt. Unbenutzt, aber noch fast komplett intakt steht sie mit ihrer großen Fassade in einer Seitenstraße. Das ab 1870 erbaute Gebäude verschmelzt in einzigartiger Weise maurische mit romanischen und einzelnen gotischen Stilelementen. Sowohl die Grafen Károly – danach wurde Carei benannt – im 18. und 19.Jh. wie auch die rumänische Verwaltung nach 1920 versuchten die Ebene um Carei und Satu Mare zu besiedeln. Wie wir auf der Fahrt durch schwach entwickelte Siedlerdörfer aus den 1920er Jahren (Paulian, Doba, Decebal) sahen, gab es dabei gerade im 20 Jh. die größten Schwierigkeiten. Die Siedler, mussten mit den tieferliegenden und daher sehr überschwemmungsgefährdeten Landstrichen Vorlieb nehmen. Daher basieren diese Dörfer nur auf zu schwach entwickelter Landwirtschaft. Nach kurzer Zeit erreichten wir Satu Mare / Sathmar, Kreisstadt und die nordöstlichste Großstadt Rumäniens (115.000 Ew. / 2002). Satu Mare verliert, so wie fast alle Städte Rumäniens, seit 1990 stark an Einwohnern. Im Hotel fand eine Hochzeit mit lauter Musik statt, die unsere Gespräche beim Abendessen auf ein Minimum reduzierte. Das Programm des nächsten Tages umfasste einen Besuch des Deutschen Forums und der Sathmarschwäbischen Stiftung. Mit Herrn Dr. Hager und Herrn Fostenheisler kam es zu intensiven Gesprächen über die Region und die Situation der Sathmarer Schwaben, heute immerhin die größte noch verbliebene deutschsprachige Siedlergruppe in Rumänien. Wir besuchten das neue Kulturzentrum der Schwaben sowie für einen Imbiss den Schwabenkeller. Auf einem Stadtrundgang umrundeten wir den Piata Libertatii, einst einer der größten Viehmarktplätze im weiten Umkreis, heute ein schöner zentralstädtischer Park. Am Hotel Dacia, 1902 im prachtvollen Jugendstil erbautes ehemaliges Hotel Pannonia, vorbei kamen wir zur großen klassizistischen kath. Bischofskirche (erbaut 1786 – 98). Die große Synagoge mit reichgegliederter Fassade (erbaut ab 1889) kündet deutlich von der Größe und auch Emanzipation der damals sehr zahlreichen jüdischen Bevölkerung in Satu Mare, die aus Nordsiebenbürgen – das damals unter der Herrschaft der ungarischen Pfeilkreuzler stand – im Sommer 1944 fast vollständig nach Auschwitz deportiert wurde. Das nach der großen Überschwemmung des Flusses Somesch von 1970 aus dem Boden gestampfte und durch mehrere Hochhäuser sowie einen großen „Aufmarschplatz“ im Stil des Ceausescu – Sozialismus geprägte neue administrative Stadtzentrum war der letzte Punkt der Stadtbesichtigung; heute wirkt es dort recht leblos. Durch die Ebene in Richtung Nordosten fahrend, erreichten wir über Livada, wo wir einen kurzen Stopp beim ehemaligen Schloss der Barone Vécsey (erbaut 1760, klassizistischer Umbau ab 1823) einlegten, dann die Ausläufer der Ostkarpaten.
Die Kleinstadt Negresti – Oas im landschaftlich schönen Oascher Land, ethnographisch deutlich sichtbar von der Maramuresch beeinflusst, war der nächste Haltepunkt. Aufgrund der überaus starken Gastarbeitertätigkeit im westlichen Ausland herrscht in der Stadt und in den umliegenden Dörfern des Oascher Landes ein unbeschreiblicher und ungeregelter Bauboom, der der schönen Landschaft arg zusetzt. Certeze Jüdischer Friedhof Am Huta – Pass (587 m) stiegen wir auf kurzem Fußweg zu einem Steinbruch, der ein gewaltiges Panorama über das obere Theisstal und einen Teil der Maramuresch bot. Sighetu Marmatiei / Marmarosch – Sighet (41.000 Ew. / 2002) erreichten wir abends im strömenden Regen. Besucht wurde die zentrale neogotische reformierte Kirche mit einigen Bauteilen aus dem 15. Jh. und der Turm dieser Kirche, der aber aufgrund der Fensterläden nicht die erwartete Aussicht bot. Frau Samietz zeigte uns das große Wohnhaus der adligen Familie Mihály de Apsa, mit altertümlicher Einrichtung zumeist aus dem 19. Jh., in der sie die alte adelige Dame vor über 10 Jahren noch erlebt hat. Durch das Stadtzentrum mit früherem Komitatshaus, entlang einiger Zeilen prächtiger Bürgerhäuser, kamen wir zur Gedenkstätte im ehemaligen Gefängnis, in dem in der frühen Zeit des sowjetisch – stalinistisch geprägten Kommunismus (ab 1946 bis in die sechziger Jahre) viele politische Gefangene einsaßen, z.T. gefoltert wurden und umkamen. Ein kurzer Besuch führte uns ins Geburtshaus des Schriftstellers Elie Wiesel (Friedensnobelpreisträger 1986), jetzt als Museum eingerichtet und dem einzigen Nobelpreisträger aus Rumänien gewidmet. Die Vorsitzende des Deutschen Forums und Leiterin des neueingerichteten deutschsprachigen Kindergartens, Frau Ana – Kati Cotha, führte uns durch die bescheidenen Räumlichkeiten dieser Einrichtungen. Die dürftige Ausstattung des Kindergartens veranlasste die Reiseteilnehmer dazu, hier konkrete Hilfe zu versprechen (Geld für Kinderschulmöbel, einen Computer, Lehrmittel u.a.). Im Anschluss an die Reise wurde dazu eine bisher erfolgreiche Sammelaktion von der DRG durchgeführt. Ein Computer mit Zubehör konnte im April 2006 angeschafft werden. Abends fanden wir uns im neuen, außerordentlich rustikal – folkloristisch eingerichteten Restaurant „Iurga din Calinesti“ zu einem deftigen Mahl ein.
In der Umgebung von Sighet besichtigten wir den bekannten „Lustigen Friedhofs“ von Sapânta. Auf diesem rumänischen Friedhof werden in Holz geschnitzte Grabsteine mit Bildern aus dem Leben der Verstorbenen versehen. Darunter und auf der Rückseite finden sich – oft längere – Reime, die das Leben beschreiben und dabei auch die negativen Seiten nicht aussparen. Am Rande von Sapânta gingen wir zum jüdischen Friedhof mit vielen Grabsteinen besonders aus dem 19. Jh und dem Ochel eines Rabbiners. Anschließend erkundeten wir das „Salzland“ der Maramuresch. Durch das Salz, das von hier jahrhundertelang in die Große Ungarische Tiefebene ausgeführt wurde, war die Maramuresch schon im Mittelalter bedeutsam; mehrere Salzgruben produzierten bis ins 20. Jahrhundert. Kurz hielten wir in Sighet – Sókamara / Salzkammer, wohin das Salz früher mit Schmalspurbahnen gebracht und verladen wurde. In Costiui sahen wir uns aufgelassene Salzminen und das alte Bergamt, heute eine Schule, sowie die ehemalige Verladestation an. Der folgende Tag führte von Sighet durch das großartige Iza – Tal Richtung Osten. Zunächst besuchten wir das neu aufgebaute Kloster in Bârsana mit eine Holzkirche und etlichen neuen großen hölzernen Klostergebäuden, in einer blumenreichen parkartigen Landschaft gelegen. Dieses Kloster ist gewissermaßen ein Symbol der Orthodoxie in dieser Region, in der ansonsten ein sehr großer Teil der rumänischen Bevölkerung zur mit Rom unierten Kirche tendiert. In Ieud besuchten wir zunächst die sehr alte, kleine hölzerne Bergkirche, später dann die hölzerne Kirche unten im Dorf. Von der Bergkirche wird angenommen, dass sie erstmals1364 erbaut wurde. Im 18. Jh. wurde die alte Kirche weitgehend überbaut. Sie ist mit Innenmalereien ausgeschmückt. Nach der Übernachtung bereits in Viseul de Sus / Oberwischau stand am kommenden Tag diese Kleinstadt auf dem Programm. Über einen langen Zeitraum bis in die 1940er Jahre war der Ort durch einen gleich hohen Anteil deutschsprachiger Zipser, jüdischer sowie rumänischer Einwohner geprägt. Zunächst besuchten wir die kath. St. Anna – Kirche (erb. 1929), in der zwei Lieder gesungen wurden; die Gottesdienste finden wie in vielen katholischen Kirchen Rumäniens in Ungarisch, Deutsch sowie der Landessprache statt. Danach trafen wir im Gebäude des Deutschen Forums mit dessen Vorsitzenden Herrn Augustin Olear zusammen, der uns zur Geschichte und Gegenwart der hiesigen Zipser erzählte. Man ist hier unbedingt bemüht, die wirtschaftlichen und kulturellen Chancen zu nutzen; es gibt kaum noch Auswanderer. Ein Spaziergang führte uns dann durch die Zipserei, dem Wohnviertel der deutschsprachigen Zipser, die im 18. Jh. als Waldarbeiter hierher kamen. Über die Brücke des Vaser / Wasser – Flusses, an dessen Ufer entlang die berühmte Wassertal(klein-)bahn 50 km tief ins Maramuresche Gebirge führt, durch das früher jüdische Wohnviertel, teilweise noch von hölzernen Blockbohlenhäusern geprägt, gingen wir zurück ins Stadtzentrum. Einem Blick ins Bürgermeisteramt und auf den Markt folgte eine Pause in einem neuangelegten Gartenlokal. Nach einem langen Fahrtag durch das landschaftlich großartige obere Viseu – Tal / Wischautal über den Prislop – Pass (1.416 m) verließen wir die Maramuresch und erreichten die Bukowina / Buchenland, historisch schon ein Teil der Moldau. In der Pass – Baude versammelten wir uns zu einer kurzen Geographie – Stunde mit Rumänienkarte, um in der zerklüfteten Bergwelt der Ostkarpaten den Überblick zu behalten. Von 1775 bis 1918 war die Bukowina Bestandteil des Habsburgerreiches und erfuhr in dieser Zeit einen gewaltigen Entwicklungsschub, der bis heute noch sichtbar ist. Durch das Tal der Bistrita Aurie / Goldene Bistritz kamen wir nach Cârlibaba / Kirlibaba. Zunächst sahen wir im alten rumänisch und huzulischen Ortszentrum eine huzulische Holzkirche (Huzulen: ostslawisches Bergvolk in den Ostkarpaten) mit gedrungenem, aber reich gegliedertem Baukörper. Dann überquerten wir die Bistritz und gelangeten in den nach 1800 gegründeten Ortsteil Cârlibaba Noua / Ludwigsdorf, in dem seinerzeit Zipser Deutsche als Bergleute angesiedelt worden waren. Der Pfarrer zeigte uns die katholische St. Ludwigskirche sowie das neu erbaute kleine Gemeindezentrum. Die Frauen der Gemeinde waren dabei, Blumenschmuck für ein Kirchenfest zu binden. Cârlibaba Noua gehörte bis 1918 zu Siebenbürgen, während das nur wenige Schritte entfernt, jenseits des kleinen Flusses liegende Cârlibaba bereits in der Bukowina und damit in der österreichischen Reichshälfte lag.
Abends erreichten wir dann nach dieser langen Tagesetappe endlich das nett renovierte Hotel Zimbru in der Stadt Campulung Moldovenesc / Kimpolong. Ein Abendspaziergang durch das kleine Stadtzentrum der bis 1918 österreichischen Stadt führte uns zum monumentalen Denkmal der Jagd des Dragos Voda – der Legende nach der aus der Maramuresch kommende Begründer der Moldau.- nach den Auerochsen.
Anderntags führte uns der Direktor Herr Dr. Marcel Zahariciuc durch das in dieser Art in Europa einzigartige Holzmuseum (Muzeul Lemnului) mit einer enormen Vielfalt (15.000 Objekte) von hier im ostkarpatischen Raum hergestellten und in fast allen Lebensbereichen und vielen Berufszweigen benutzten Holzgegenständen. Das jüdische Gemeindehaus war geschlossen, und daher konnten wir auch die gegenüber dem Hotel liegende Synagoge (erbaut ab 1880) nur von außen sehen. Für einen wunderschönen Nachmittag fuhren wir dann über Vama und Gura Humorului durch das Tal der oberen Moldova. Zunächst kamen wir in die wenig besuchte Ortschaft Baia, in der Frühzeit (14.Jh.) sogar Fürstensitz der Moldau. Die Ruinen einer großen gotischen Kirche (14. Jh.) weisen noch auf den Einfluss der katholischen Kirche hin, die diese in der Anfangszeit des Fürstentums hatte. An der Kleinstadt Falticeni vorbei ging es ins Dorf Râsca. Zuerst besuchten wir das Kloster Râsca, eines der weniger bekannten Moldauklöster. Das befestigte Kloster und die Klosterkirche wurden vom Fürsten Petru Rares ab 1542 erbaut und später Stück für Stück ergänzt. Die Innenmalereien erhielten sich fast unverändert aus der Entstehungszeit. Von Außen ist die Kirche zum Teil auch mit farbintensiven alten Fresken bedeckt. Anschließend besuchten wir im Dorf Râsca Frau Gabriella Haeusler, Professorenwitwe aus Berlin – Pankow, die uns freundlicherweise in ihr blumenumranktes Sommerhaus hier in den Ausläufern der Ostkarpaten eingeladen hatte. Neben der großzügigen kulinarischen Bewirtung konnten wir ihren detaillierten Ausführungen zu den Schönheiten, aber auch – manchmal surreal anmutenden – Schwierigkeiten (mit einzelnen Nachbarn) in ihrem Sommerdomizil lauschen. Abends fuhren wir zurück nach Campulung.
Anderntags erreichten wir das befestigte Kloster Moldovita. Es wurde unter Fürst Petru Rares ab 1532 erbaut und mit Innen- und Außenfresken versehen. Zu den bekanntesten Fresken gehören die „Belagerung Kontantinopels“ sowie der „Baum Jesse“. Heute gehört das Kloster zum UNESCO – Weltkulturerbe. Eine nachmittägliche Brotzeit hielten wir auf der Passhöhe des Ciumârna – Passes. Dieser ist mit 1.100 m einer der höchsten Pässe mit asphaltierter Straße in der Bukowina. Er überquert die Obcina Mare. Hinter dem Pass kamen wir zum stark befestigten Kloster Sucevita. Das Kloster und die Kirche mit bemalten Außenwänden stammen vom Ende des 16. Jh. und sind eine Stiftung der Gebrüder Movila. Die Außenfresken zeigen Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament sowie die berühmte „Himmelsleiter“. Danach hielten wir im Töpferdorf Marginea und sahen uns eine Töpferei – Kooperative an. Durch das sehr langgezogene Straßendorf Clit / Glitt, welches 1843 von Deutsch – Böhmen aus dem Böhmerwald gegründet wurde, erreichten wir unsere nächste Station, Solca. In Solca sahen wir uns unter Leitung der Pfarrersfrau die Klosterkirche im ehemals befestigten Kloster an. Die Kirche wurde im 17. Jh. erbaut und weist als Besonderheit eine Grabkammer zwischen Pronaos und Naos auf. Über dem niedrigliegenden Gewölbe dieser Gräberkammer liegt ein Raum, die Schatzkammer, in dem in unruhigen Zeiten der Kirchenschatz aufbewahrt wurde. Dieser sehr geschickt in das Kirchengebäude eingebaute Raum ist nur durch eine kleine, vom Kirchengestühl fast verdeckte Tür und eine enge Wendeltreppe zu erreichen. Mit einiger Mühe gelangten wir hinauf und sahen die kleine Ausstellung einiger Kirchenschätze. Nach dem Besuch der Kirche schenkten uns sehr freundliche Angestellte der nebenliegenden Brauerei eine Kiste „Bere Solca“. Dieses Bier wird bis heute in der im 17. Jh. als Klosterbrauerei gegründeten ältesten Brauerei Rumäniens hergestellt. Anschließend begegneten wir in der Hauptstraße der Kleinstadt einem von drei munter aufspielenden Musikern angeführten Hochzeitszug. Danach besuchten wir das Dorf Cacica mit bis heute stärkerer polnischer Bevölkerung. Insgesamt wurden im Zensus 2002 3.670 Polen gezählt, die fast alle im Kreis Suceava und somit in der Bukowina lebten. Die zu Beginn des 20. Jh. aus Backsteinen erbaute katholische polnische Wallfahrtskirche im Dorf hat als Pilgerort eine weit über die Kreisgrenzen hinausgehende Bedeutung. Cacia hatte in der Vergangenheit besondere Bedeutung durch den Salzabbau. Dieser kam aber zum Erliegen, und aus Zeitgründen konnten wir nicht in die unterirdischen Salzdome einfahren. Abends ging es zurück nach Campulung Moldovenesc.
Am Sonntag (28. 8.) hielten wir zunächst in der Ortschaft Vama. Durch hohes Gras und über einen Bach gingen wir zum fast vergessenen jüdischen Friedhof. Die letzten Gräber stammen aus den 1970er Jahren. Die meisten der teils recht kunstvollen Grabsteine sind in Deutsch (Bukowina!), ältere in Hebräisch und einige jüngere Grabsteine in Rumänisch beschriftet. Danach erreichten wir das Kloster Voronet – einer der kunst- und kulturgeschichtlichen Höhepunkte der Reise. 1488 wurde das Kloster vom Moldau – Fürsten Stephan dem Großen (Fürst 1457 – 1504) gegründet, und unter dem Nachfolger Fürst Petru Rares wurde die Klosterkirche erbaut und mit Fresken von Innen und Außen bemalt. Die kunstvoll ausgeführten und gut erhaltenen Fresken vor dunkelblauem Hintergrund („Das Blau von Voronet“) stellen einen der Höhepunkte moldauischer Kultur schlechthin dar. Eine der zentralen Darstellungen zeigt das „Jüngste Gericht“. Das Kloster gehört wie einige andere der sogenannten Moldau – Klöster, die zumeist in der Bukowina liegen, zum Weltkulturerbe der UNESCO. Später ging es in die – aufgrund ihrer Lage zwischen den touristisch wichtigsten Moldau- Klöstern – aufstrebende Kleinstadt Gura Humorului / Gura Humora. Für zwei Stunden wurden wir auch Teilnehmer des Buchenland – Treffens der Bukowina – Deutschen. Etwa 800 Buchenland – Deutsche – die sich oft als Österreicher sehen – soll es derzeit geben. Die herzliche Gastfreundschaft auf dem Fest und die vielen Gespräche in dem durch die Ortsvorsitzende, Frau Carmen Morosan, aufgebauten neuen Gemeindezentrum hätte uns beinahe vom weiteren Tagesprogramm abgebracht.
Am Nachmittag erreichten wir Suceava, heute Kreisstadt mit 106.000 Ew.(2002), Hauptstadt der Moldau von 1370 bis 1565. Zunächst besuchten wir die imposanten Ruinen der Fürstenburg. Diese heute gut gepflegte und archäologisch gut erschlossene Ruine war eben der Sitz von Stephan dem Grossen, dessen Regierungszeit (1457 – 1504) dem Land eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte bescherte. Auf einem Berg liegt das armenische Kloster Zamca (Atlslaw.: Festung) mit Befestigungen und monumentaler Gewölbepforte aus polnischer Zeit (Ende 17. Jh.) und inzwischen renovierter Kirche (16. Jh.), eine Synthese moldauischer Architektur und armenischer Kultausübung. Eine Pause im Stadtzentrum mit „sozialistisch-nationaler Großarchitektur“ machte uns einmal mehr mit nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten in der gastronomischen Versorgung sowie haarsträubender Hygiene bekannt (WCs !). Am Rande von Suceava sahen wir uns das frühere Schtetl Budurjeni an; erstmals fiel dabei die spezifische Architektur ins Auge. Durch zunehmend baumarme steppenartige Landschaft fuhren wir aus der Bukowina heraus in Richtung Osten. Mit der Kreisgrenze von Botosani erreichten wir schließlich die Moldau, unsere östlichste Zielregion.
Botosani / Botoschan ist die nordöstlichste Großstadt Rumäniens. (117.000 Ew. / 2002). Noch im 19. Jh. war Botosani die viertgrößte Stadt des damaligen Rumänien; eine Hochburg moldauischer und später auch jüdischer Kultur. Bis ins 19. Jh., als die Grenzen in diesem Teil Europas noch durchlässiger waren, stellte man über Botosani die Verbindung vom Habsburgerreich, von Polen und vom Westen Russlands zum Fürstentum Moldau, der Unteren Donau, dem Schwarzen Meer und dem Osman. Reich her. Das entfiel seit der Gründung Groß-Rumäniens im Jahre 1920, der folgenden Selbstisolation des Landes und der „kalten Freundschaft“ mit der Sowjetunion. Eine ausgedehnte Führung zeigte das neue und das damit verzahnte alte Stadtzentrum mit dem großen jüdischen Viertel, in dem heute zum Teil Roma wohnen. Im bescheideneren Teil des jüdischen Viertels sahen wir ein seit Jahrzehnten verlassenes Bethaus mit brettervernagelten Fenstern. Mit Stuck geschmückte, teils reich gegliederte Häuser im zentraleren Teil der Stadt künden von Botosani als von einer bedeutenden Stadt, in der es bürgerliche Schichten von Moldauern und Juden nebeneinander gab. Das schöne Rathaus, wo wir im Ratssaal von einer Stadtangestellten begrüßt wurden, kündet ebenso wie etliche Kirchen, das Kunstmuseum und einige breite baumbestandene Boulevards von einer auch wohlhabenden Vergangenheit. Hinter großen Wohnblocks regelrecht „versteckt“ fanden wir die Große Synagoge die „Hoiche Schul“ (Hohe Schule), ein beachtlich großes Bauwerk für das Entstehungsjahr 1834. Außen schlicht und nüchtern gehalten, war es uns leider nicht möglich, die kunstvolle und prächtige Inneneinrichtung zu sehen. In Botosani gesellten sich mehrfach Neugierige und auch Bettler zu unserer Gruppe, da hierher Touristengruppen nur äußert selten kommen. In dem großen, im Sommer durch den alten Baumbestand herrlich schattigen Eminescu – Park gab es in einem Café eine kleine Lesung aus einem Buch von M. Blecher, einem wiederentdeckten surrealistischen jüdischen Schriftsteller vom Beginn des 20. Jh., der aus Botosani kam. [M. Blecher: Aus der unmittelbaren Unwirklichkeit. Suhrkamp 2003]. Zum Schluss besuchten wir den riesigen jüdischen Friedhof am Stadtrand, der u.a. mit vielen prächtigen Grabmälern noch heute von der einstigen Bedeutung der Stadt und ihrer Bürger kündet. Wegen „unzumutbarer“ Bedingingen mussten wir das zunächst angesteuerte Hotel in Botosani verlassen und fanden schließlich Unterkunft in einem guten neuen Hotel am Stadtrand.
Frumusica, ebenfalls ein ehemaliges Schtetl, watr die nächste Station. Hier machten wir einen längeren Halt, um einmal einige Aspekte eines kleinen Schtetl anzuschauen. Die Häuser sind unmittelbar aneinander gebaut, gehen tief nach hinten (sogenannter Haustyp „Waggon“), haben (oder hatten) fast alle im vorderen Teil einen Ladenraum oder Raum für ein Handwerkeratelier und fast immer einen Keller. So besuchten wir einen tief unter einem Wohnhaus liegenden Lager- und Schutzkeller, was angesichts der Steilheit der Treppe und der Dunkelheit schon fast abenteuerlich wurde. Da Frumusica auch der Herkunftsort des Initiators der DRG – Berlin, Dr. Reuven Moskovitz, ist, versuchten wir uns auch nach dem ehemaligen Haus seiner Familie durchzufragen, was leider nicht gelang.
Hârlau erlebten wir dann bei Regen. Hier liegen die Ruinen eines beliebten Hofes der moldauischen Fürsten (vermutl. ab dem 14. Jh. errichtet) sowie die danebenliegende Kirche, die Stefan der Große (Fürst von 1492 hier errichten ließ. Die Pause konnte leider nur in bescheidenen Cafés durchgeführt werden. Auch hier, so wie bei vielen Moldau – Städten, finden sich längere Häuserzeilen mit dicht aneinander gebauten Häusern ehemals jüdischer Einwohner in ihrer spezifischen Architektur. Im Stadtzentrum sahen wir die Synagoge vom Beginn des 19. Jh., ein bedeutendes Baudenkmal.
Nach weiter Fahrt erreichten wir schließlich Iasi / Jassy. Iasi liegt derzeit mit einer Einwohnerzahl von 321.000 (2002) an zweiter Stelle nach Bukarest, aber etwa gleichauf mit Cluj, Constanta und Timisoara und leicht vor Galati, Brasov und Craiova. Iasi ist die kulturelle Hauptstadt der rumänischen Moldau seit fünf Jahrhunderten; eine Stadt der Kirchen und Klöster, Schulen und Universitäten. Von 1565 bis zur Vereingung des Fürstentums Moldau mit dem der Walachei 1859 war Iasi auch Hauptstadt des unter osmanischer Herrschaft stehenden Fürstentums. Unser Quartier war im Hotel Unirea im Stadtzentrum. Eine detaillierte Führung durch Geschichte und Gegenwart der Stadt machten für uns Oana und Markus Bauer, ehemals DRG – Vorstand, die beide mehrere Jahre in Iasi gelebt haben. Wir besuchten das Hauptgebäude der grossen und bedeutenden Alexandru Ioan Cuza Universität, den nebenliegenden berühmten Copou – Park mit der Eminescu – Eiche und ein schönes Gartencafé. Weiter den gewaltigen Kulturpalastes (neogotisch, erbaut 1910), die von außen großartig mit vielfältigen bandartigen Steindekorationen mit zumeist orientalischen Mustern verzierte Drei – Hierarchen – Kirche (Trei Ierarhi; erbaut 1635 – 1639) , die völlig neuerbaute ultramoderne katholische Bischofskathedrale und die orthodoxen Metropolitan – Kirche (erbaut1833 – 87), mit den Reliquien einer Hl. Paraschiva (Schutzpatronin der Moldau), zu denen jedes Jahr im September die größte orthodoxe Wallfahrt des Landes stattfindet. Später besuchten wir noch die armenische Kirche mit einer Sammlung überaus vielgestaltiger Grabsteine im Hof und die Kirche der Hl. Sava (erbaut ab 1625) mit orientalisch beeinflussten Architekturelementen.
Ein Rundgang führte uns entlang der Medizinischen Fakultät der Universität, den wenigen Relikten der jüdischen Architektur in Iasi mit zweigeschossigen Wohnhäusern in der Str. Sf. Theodor. Weiter zum Barboi Kloster, Grablege auch der Bojarenfamilie Sturdza, zeitweilige Inhaber des Fürstenthrones. Danach gingen wir zum Golia – Kloster, erbaut im 17. Jh. Das beeindruckende, stark befestigte innerstädtische Kloster mit der überaus reich geschmückten siebentürmigen Kirche ist ein weiteres Juwel moldauischer Architektur. Herzlich wurden wir im jüdischen Gemeindezentrum durch den Gemeindevorsitzenden Herrn Kaisermann begrüßt, anschließend gab es einen kleinen Imbiss. Eine überaus informative Führung durch die älteste Synagoge Rumäniens im Viertel Târgu Cucului (Kukucksmarkt) und das kleine Gemeindemuseum in der Synagoge machte Herr Dr. Silviu Sanie, Archäologe, Erforscher der jüdischen Regionalgeschichte und in dieser Funktion Nachfolger des im Jahre 2001 hochbetagt verstorbenen Prof. Itzig Schwart – Kara, der auf einer der ersten DRG – Reisen besucht worden war. Die Synagoge war 1671 erbaut worden, kurz nachdem sich Tausende Juden aus den ukrainischen Nachbargebieten vor den überaus blutigen Kosackenaufständen (1648 – 54) des Bogdan Chmelnitzkij ins seit dem 1512 unter osmanischer Oberherrschaft stehende Fürstentum Moldau geflüchtet hatten. Immer wieder wurden dann Juden durch fürstliche Hrisovs (Freibriefe) ins Land geholt oder eingeladen Siedlungen zu gründen; so entstanden allein in der heutigen rumän. Moldau bis zur Mitte des 19. Jh über 60 Schtetls. Einen wunderbaren Abend verbrachten wir im traditionsreichen Restaurant Bolta Rece (Kühler Bogen), eines der wenigen nicht – kirchlichen Gebäude aus dem 18. Jh. Wir erhielten eine kleine Führung in die sehr tiefliegenden Kellergewölbe, bis heute z.T. als Weinkeller genutzt, und mit einem kilometerlangen Netz von Tunnelgängen mit anderen Haushellern und sogar anderen Stadtteilen verbunden – eine erstaunliche unterirdische Entdeckung.
In Iasi begann dann auch die Rückreise, die uns zunächst durch Podu Iloaiei führte. Hier sahen wir noch ein weiteres ehemaliges Schtetl mit seiner typischen Architektur, die sich hier gerade dadurch besser erhalten konnte, dass viele Roma in die Häuser hineingesetzt worden sind. In der Kleinstadt Târgu Neamt legten wir nur einen kurzen Zwischenstopp ein. Dabei sahen wir die hier – typisch wie auch in anderen Moldau – Städten – hinter Blocks „versteckten“ eng aneinandergefügten Reihen früherer jüdischer Häuser. In rascher Fahrt kamen von in die Ostkarpaten hinein und erreichen nach einem ersten kleineren Pass (Petru Voda, 900 m) das Dorf Poiana Largului am Bicaz – Stausee. Hier ist ein großer Zwischenstopp für Gastarbeiterbusse aller Art auf dem Wege nach Westeuropa, v.a. nach Italien. Hier wechselten wir dann auch von der Moldau zurück nach Siebenbürgen. Durch die sommerlich – grüne Berglandschaft erreichten wir Borsec, ein heute desolat aussehender, einstmals weitbekannter Bergkurort und berühmt für das hervorragende Mineralwasser. Entlang des grossen siebenbürgischen Flusses Mures / Mieresch kamen wir dann in die früher v.a. von Siebenbürger Sachsen bewohnte Stadt Reghin / Sächsisch – Reen (37.000 Ew. / 2002), zentraler Ort des früher ebenfalls überwiegend von Sachsen bewohnten Nösnerlandes. Ein Besuch der großen gotischen evang. Stadtpfarrkirche (14 / 15. Jh.) sowie ein kürzerer Gang durch das belebte Stadtzentrum zeigten die einstige und auch jetzige Bedeutung dieser Stadt. Târgu Mures (150.000 Ew. / 2002) gehört ethnographisch bereits zum von ungarischsprachigen Szeklern bewohnten Gebiet (Szeklerland / Ungar.: Szekelyföld). Diese siedeln hier in den Kreisen Mures, Harghita und Covasna in kompakter Masse ( 0,8 Mio. Personen). Wir besuchten den zentral gelegenen Kulturpalast, ein herausragendes architektonisches Beispiel des ungarisch geprägten Jugendstils, hier Sezessionismus genannt. Er wurde zwischen 1911 und 1913 neben dem einige Jahre zuvor im gleichem Stil erbauten Rathaus errichtet. Zahlreiche farbige Mosaiken mit floralen Motiven oder geometrischen Mustern schmücken den Palast von Aussen. Innen konnten wir den sogenannten Spiegelsaal bewundern. Zwölf grosse Fenster mit herrlichen farbigen Bleiverglasungen zeigen szeklerische Legenden – oder Folkloremotivemotive. Einen Blick warfen wir in die grosse, das Stadtzentrum dominierende orthodoxe Kathedrale, in den zwanziger Jahren im neobyzantinischen Stil errichtet als Symbol der nunmehrigen Zugehörigkeit der Region zu Rumänien.
Cluj / Klausenburg war dann der letzte Höhepunkt dieser Rumänien – Reise. Nach einem schönen Konzert klassischer Musik durch Schüler der Musikschule u.a. Robert Incze (Klarinette) sowie die Studenten Raluca und ihren Bruder Andrei Ciobanu (DRG – Stipendiaten) fand ein lebhafter Austausch mit Freunden und Bekannten aus Cluj statt. Eine Besichtigung der grossen St. Michaelskirche (gotisch, 14. / 15. Jh.) folgte, danach das Reiterstandbild des ungar Königs Matthias Corvinus und das Kunstmuseum im ehemaligen Bánffy – Palast. Durch die zentrale Innenstadt kamen wir an der Universität vorbei. Herr Dr. András Biró, Verbindungsmann der DRG zu Cluj, hatte uns sowie die Lehrer und Studentinnen der Musikschule abschliessend in die Professorenmensa der Universität zu einem guten Essen eingeladen.
Am Samstag, 3.09. ging die Rückreise in Cluj früh los, über Oradea wurde die rumänische Westgrenze erreicht. Nach einer netten Mittagspause in einem ungarischen Restaurant kamen wir nachmittags wieder am Flughafen in Budapest an und flogen am frühen Abend nach Berlin zurück.
Fazit: Den Schönheiten von Natur und Landschaft, Siedlungen und Kultur sowie vielen hoffnungsvolle Ansätzen zur ökonomischen, demokratischen und kulturellen Entwicklung steht bisher eine kaum nachgelassene drückende Armut erheblicher Bevölkerungsteile und unzählige Mängel an Infrastrukturen jeglicher Art, Umweltprobleme (z.B. Vermüllung, Erosion) sowie verbreiteter Nationalismus (z.B. ausgedrückt durch viele Denkmäler, Ausgrenzung der Roma uvm.) und viele nicht oder kaum genutzte Potentiale gegenüber. Trotzdem dürfte sich die Mehrheit der Reiseteilnehmer der These eines vorsichtigen Optimismus bezüglich der Landesentwicklung wohl anschliessen. Der Weg nach „Europa“ ist aber noch sehr viel weiter als der Weg in die EU. Als Reiseleiter möchte ich mich für das Interesse, die kritischen Nachfragen und Ideen der Mitreisenden bedanken sowie bei den vielen Menschen denen wir in Rumänien begegneten.
Walachei (2002)
Die Studienreise IV wurde von der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft aus Anlass ihres 10-jährigen Bestehens organisiert.
Während frühere Studienreisen uns nach Siebenbürgen, in den Norden und Osten Rumäniens, an die Schwarzmeerküste und in das Donaudelta geführt haben, lag der Schwerpunkt der diesjährigen Reise neben Abstechern nach Bukarest, Brasov/Kronstadt und in den Banat (Timisoara/Temeswar) in der Großen und Kleinen Walachei, d.h. Muntenien und Oltenien, Provinzen, die wegen ihrer landschaftlichen und kulturellen Schönheiten berühmt sind und die wir bisher noch nicht besucht hatten.
Die Studienreise bot wieder die auch bei früheren Reisen bewährte Mischung aus Besichtigung malerischer Landschaften (z.B. Alt- und Donautal) und eindrucksvoller Bauwerke (wie das „Achte Weltwunder“, die Episcopia), Begegnung mit Menschen verschiedener sozialer Schichten und Vertretern der Deutschen Minderheit und beinhaltete auch einige kulturelle und gastronomische Höhepunkte (ich denke an den Auftritt der Musiker und Sänger der Kronstädter Oper und die Schlemmerei im Herrenhaus von Dobrita). Ein Schwerpunkt lag diesmal auf den in Oltenien und Muntenien zahlreich vorhandenen orthodoxen Klöstern, deren Architektur und vor allen Dingen deren zum Teil alte und gut erhaltene Fresken (insbesondere von den Höllenqualen und dem himmlischen Jerusalem) viele von uns immer wieder faszinierten. Erstmals wurde auch der Versuch unternommen, in einem Kloster zu übernachten. Die zwei Nächte im neuerbauten, mit geräumigen Zimmern ausgestatteten Gästehaus des Klosters Bistrita und die Fürsorge der um unser Wohl bedachten Nonnen hat sicher alle Reiseteilnehmer tief beeindruckt.
Ich möchte mich bei allen Mitgliedern der Reisegruppe bedanken, die die einzelnen Reisetage ausführlich dokumentiert haben. Dank sei auch unserem Pfarrer Jürgen Günther gesagt, der jedem Reisetag seinen Segen für ein gutes Gelingen voranstellte. Schließlich möchte ich den verschiedenen Reiseleitern danken, allen voran unserem Gründungsinitiator und Ehrenmitglied Reuven Moskovitz und seiner Frau Varda, die uns leider nur wenige Tage begleiten konnten, unserer Reiseleiterin Annemarie Barth, die unermüdlich darum bemüht war, kleinere und größere Probleme zu lösen, Wünsche zu erfüllen und Termine und Menues zu arrangieren, den lokalen Führern Liviu Barth in Bukarest, Else von Schuster und Cornelia Cojanu in Temeswar und unserem Fahrer Konstantin, der uns immer umsichtig, vorsichtig und unbeschadet ans Ziel brachte.
Reiseplan
West-Siebenbürgen (1998)
Die Studienreise III, die uns diesmal ins Banat und in die westlichen Teile Siebenbürgens führte, ist zur großen Zufriedenheit aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfolgreich verlaufen. Sie bot wieder die schon auf den vorhergehenden Reisen bewährte Mischung von Besichtigungen schöner Landschaften und hervorragender Bauwerke, Begegnungen mit Menschen vieler sozialer Schichten und Kennenlernen ihrer Probleme und Hintergrundinformationen über Geschichte und Kultur dieses schönen Landes.
Dank gebührt den Mitgliedern der Reisegruppe, die die einzelnen Tage mit großer Sorgfalt dokumentiert und damit ein Reisetagebuch geschaffen haben, das allen die Möglichkeit gibt, die Studienreise, wann immer sie wollen, noch einmal am geistigen Auge vorüberziehen zu lassen.
Besonders zu danken ist auch den verschiedenen Reiseführern; allen voran unserem Ehrenmitglied Reuven Moskovitz, dessen großer Geschichts- und Landeskenntnis viele Hintergrundinformationen zu verdanken sind, und Annemarie Bart, liebevoll „Kuki“ genannt, die unermüdlich wie eine Mutter uns alle umsorgte. Für den Kenntniserwerb erwies sich als besonders günstig, dass an allen wichtigen Orten lokale Reiseleiter zur Verfügung standen, die mit intimer Ortserfahrung liebevoll durch ihre Städte führten: Else von Schuster, Cornelia Cojanu; Emma Tudor, Andreas Biro, Helga u.a.
Die umfangreiche Reisevorbereitung, sozusagen im Stillen, im Hintergrund getätigt, oblag wieder zwei Präsidiumsmitgliedern. Ihnen gilt der Dank für den reibungslosen Ablauf der Fahrt, die organisatorisch und technisch wieder vom Reisebüro „Prompt Service“ aus Bukarest mit seiner Leiterin Adriana Goica gut vorbereitet war. Auch ihr und ihren Mitarbeiterinnen danken wir, die mit ihrem Service ihrem Namen gerecht wurden. Zuletzt sei auch unserem tüchtigen Fahrer gedankt, der uns umsichtig, vorsichtig und zügig durch alle Fährnisse des Straßenverkehrs lenkte.
Bukarest – Schwarzes Meer – Moldauklöster (1997)
Heute können wir zum zweiten Mal einen Reisebericht, diesmal von unserer Studienreise II vom 03. bis 17. September 1997 nach Rumänien vorlegen. Er gibt Zeugnis von einer sehr interessanten Fahrt in dieses schöne, von vielen Westeuropäern weitgehend nicht beachtete Land mit seinen liebenswerten Bewohnern. Die Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer haben viel gesehen und erlebt, mit vielen Menschen gesprochen und die Sorgen und Nöte des Landes kennengelernt. Sie sind als Freunde Rumäniens heimgekehrt.
Danken möchten wir allen Dokumentatoren, die stellvertretend für alle mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail jeden einzelnen Reisetag protokolliert und damit die Möglichkeit geboten haben, die Reise noch einmal nachzuerleben.
Besonderer Dank gebührt unserem einmaligen Reiseführer Reuven Moskovitz, des es einmal mehr verstanden hat, uns seine Heimat mit ihren geographischen, politischen religiösen und menschlichen Besonderheiten nahe zu bringen. Danken möchten wir auch unserem rumänischen Führer Livio, der Reuven unterstützt und seine Ausführungen verständnisvoll ergänzt hat. und unserem Fahrer Viorel, der den großen und bequemen Bus sicher und kühn durch die Fährnisse des rumänischen Verkehrs gesteuert hat.
Die umfangreiche Vorbereitung der Reise lag in den Händen zweier Vorstandsmitglieder, denen auch an dieser Stelle der Dank für den reibungslosen Ablauf der Fahrt ausgesprochen werden soll.
Die Organisation der Studienreise II hatten wir der Travel Company „Prompt Service“ in Bukarest anvertraut und sind nicht enttäuscht worden. Die Inhaberin Frau Adriana Goica hat uns mit ihrem Team prompt, sorgfältig und zu unserer vollen Zufriedenheit gedient. Auch ihr und ihren Mitarbeiterinnen sprechen wir unseren Dank aus.
Siebenbürgen (1996)
Reiseroute
Reisebericht
Nachdem die Gruppe sich reichlich am Frühstücksbuffet im Hotel Continental gestärkt hat, beginnt um 9:30 Uhr unsere Stadtführung durch Hermannstadt / Sibiu unter der Leitung von Prof. Clemens (pensionierter Lehrer des deutschsprachigen Brukenthal-Gymnasiums und Vorsitzender des Forums der Deutschen in Hermannstadt). Begleitet werden wir auch von Prof. Bötticher, Lehrer am Brukenthal-Gymnasium. Prof. Clemens zeigt uns zunächst das Kulturhaus der Gewerkschaften neben unserem Hotel. Es hat zwei Säle für 700 und 250 Personen, eine Disco und ein Restaurant. Hier findet u.a. alle zwei Jahre das Treffen der Deutschen in Hermannstadt statt. Zuletzt nahmen 650 der noch in Hermannstadt verbliebenen 3000 Deutschen teil. Dies ist nur noch 1/10 der ursprünglichen deutschen Bevölkerung.
Unser Weg ins Zentrum führt uns an dem einzigen Theater in Hermannstadt vorbei. Es hat 120 Plätze und es wird in deutsch und rumänisch gespielt. Wir sind sehr erstaunt, als wir von Prof. Clemens ermahnt werden, den auf der Straße stehenden Bettlern nichts zu geben. Betteln sei verboten, würde aber toleriert. Die Bettler hätten es nicht nötig, seien arbeitsscheu und Arbeit gäbe es genug. Die Behinderten unter den Bettlern bekämen Sozialhilfe.
Über den Vereinigungsplatz, früher Hermannplatz und Auf den Brettern, unter denen früher der Trinkbach floß, kommen wir in die Altstadt. An der Heltauer Str. verlief früher die Stadtmauer. Sie hatte 28 Türme und zwar aus Ziegeln gebaut, daher auch der Name Rote Stadt. Hermannstadt war früher eine rein deutsche Stadt. Rumänen lebten ex mures (außerhalb der Stadtmauern) und mußten abends die Stadt verlassen. Unser weg zum Großen Ring führt uns durch die Balcescu Str. Hier sind viele alte Häuser zu bewundern, u.a. das Hotel Römischer Kaiser, bestes Hotel am Platze. Hermannstadt war immer eine Provinzstadt und es gab mit einigen kleinen Ausnahmen keinen Adel; daher fehlen hier Paläste, die z.B. das Bild von Klausenburg, Kronstadt oder Neumarkt prägen. Der Große Ring war früher der Marktplatz, wo die Händler ihre Waren anboten. Der Platz wird geprägt durch: die katholische Stadtpfarrkirche, das Gebäude der ehemaligen Bodenkreditanstalt, den Bruckenthalpalast und den Bischofspalast.
Auffällig ist ein blaues Haus, eines der ältesten in Hermannstadt, die ehemalige Polizeiquestur. Im Giebel ist das Wappen von Hermannstadt abgebildet. Es zeigt zwei gekreuzte und gekrönte Schwerter, Symbol für zwei Sachsenführer, die bei ihrer Ankunft ihre zwei Schwerter als Zeichen der Inbesitznahme des Landes in den Boden gesteckt haben. Drei Seerosenblätter symbolisieren die damals sumpfige Landschaft, die Krone steht für den Königsboden.
Die Häuser am Großen Ring haben teilweise große, mehrgeschossige Dächer. Hier lebten Handwerker, die im Erdgeschoß ihre Geschäfte und Werkstätten hatten, darüber wohnten und im Dach ihre Vorräte lagerten. Ein altes Eckhaus am südöstlichen Ende des Platzes ist der heutige Sitz des Deutschen Forums, der politischen Vertretung der deutschen Minderheit.
Überall in der Stadt wird man an das Wirken von Samuel Brukenthal erinnert, den großen Förderer der Stadt. Er galt als Favorit der Kaiserin Maria-Theresia und war zu ihrer Regierungszeit 10 Jahre Gouverneur von Siebenbürgen. In seinem herrlichen Palast ist heute seine Kunstsammlung ausgestellt, die seine Nachkommen dem deutschen Lyzeum vermacht haben.
Es geht weiter zum Kleinen Ring. Hier ist um die evangelische Kirche der älteste Stadtteil angesiedelt. Durch eine Unterführung laufen wir unter der wunderschönen, gußeisernen Lügenbrücke hindurch zur Unterstadt, wo wir das Spital für Gesellen, Durchreisende und Einheimische als ältestes Gebäude in Hermannstadt (1291) bewundern. Es wurde von dem Orden der Benediktiner betrieben und wird heute noch als Altenheim benutzt. In der Unterstadt verweilen wir am Weinanger. Da in Hermannstadt kein Wein angebaut wird, wurde im Grünen Haus der von außerhalb gelieferte Wein gelagert und verkauft. Der Stadtrundgang endet mit dem Aufstieg zur Oberstadt, entlang der alten Ziegel-Stadtmauer. Auf Empfehlung von Prof. Clemens können wir diesen anstrengenden Vormittag in einem gemütlichen rumänischen Restaurant beenden, wo wir noch einmal die Gelegenheit haben, uns den Nationalgerichten Ciorba und Mamaliga in diversen Variationen zu widmen.